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Liste der Reisegepäckarten

Zu allen Zeiten ist es die Funktion des Reisegepäcks primär notwendige Bedürfnisse (Trinken, Essen, Wärme) unterwegs zu befriedigen und zum anderen die Habseligkeiten der Reisenden außerhalb des Alltags besonders gut zu schützen gegen Verlust und Diebstahl, gegen Tiere und Klima. Besonders gefährdet sind Wegzehrung und Geld. Immer wiederkehrende Kategorien von Reisegepäck, die mit unterschiedlichen Tragetechniken kombiniert wurden, sind daher:

Gepäckstücke aus Antike und Mittelalter

In den Texten antiker Autoren haben sich vielfältige griechische und lateinische Begriffe für Gepäckformen erhalten 1).
Was die einen von den anderen unterschied, ist oft unsicher. Das wird nicht nur von Form, Machart oder Trageart abhängen, sondern wird sich regional oder zeitlich gewandelt haben, musste auch dem Klima und den Jahreszeiten angepasst werden. Manches wurde jedoch durch das Mittelalter hindurch von Händlern, Wandermönchen und Scholaren praktisch genutzt und vom »Beutler« (Drumenarius, Marsupifex) hergestellt 2) und damit sprachlich über das Kirchenlateinische bis in die Neuzeit überliefert.

Lateinisch

Griechisch


Das Reisegepäck in der Neuzeit

Deutsche Begriffe

Es fällt auf, dass Habersack und Knapsack (in geringerem Maße auch Schnappsack) ab Mitte des 17. Jahrhunderts in anderen europäischen Sprachen auftauchen. Da liegt es nahe einen Zusammenhang mit den Landsknechten des Dreißigjährigen Krieges herzustellen, die diese Begriffe in angrenzende Länder mitgenommen haben. Habersack und Knapsack haben sich im englischen Sprachgebrauch beim Militär der USA und in Großbritannien bis heute gehalten.

Im 19. Jahrhundert entstand der Alpinismus als Massenbewegung, es entstand der Tourismus und es entstanden die bürgerlichen und proletarischen Wandervereine. Insbesondere durch Wanderer und Bergsteiger nahm der Bedarf an praktischen Gepäckstücken in der Freizeit enorm zu und wurde von anderen Gruppen übernommen: der Ranzen vom Fahrenden Volk, der Tornister von der Infanterie, der Rucksack von den Bergbewohnern im Erzgebirge und in den Alpen, das Felleisen aus dem Französischen. Im 20. Jahrhundert blieb davon alleine der Rucksack populär, während im aufkommenden Personenverkehr (Eisenbahn & Automobil) der tragbare Koffer alle Konkurrenten verdrängte, während der Rollkoffer erst im Flugtourismus erfolgreich wurde.

seit bis Begriff Herkunft Reichweite
sozial
Reichweite
Begriff
Bulge
Kiepe Warentransport
Kraxe Warentransport
Seesack Seeleute
Seekiste Seeleute
a 12. Jh. heute Koffer gr. > lat. > frz. germ. slaw.
b 14. Jh. heute Aser ahd. Jägersprache deutsch
a 14. Jh. Sweideler niederdeutsch deutsch
a 14. Jh. 1820 Wadsack gotisch > ahd. Oberschichtgerman.
a 14. Jh. 1900 Felleisen lat. > ital. > franz. roman. german. slaw.
a 14. Jh. Habersack Mittelhochdeutsch german.
a
b
14. Jh.
1551
heute Rucksack deutsch Bergbewohner german. slaw. roman.
1424 1834 Waidsack Mittelhochdeutsch Jägersprache deutsch
> 1450 1700 (Reit-)Wätschger < Wadsack Oberschicht deutsch > slaw. Watschko
16. Jh. Mantelsack lat. deutsch
16. Jh. Spiersack
16. Jh. Zehrsack althochdeutsch
b 1510 heute Ranzen
Ränzel
Rotwelsch Fahrende german. slaw.
b 1517 1650 Knappsack (ost-)niederdeutsch Fahrende Händler german.
b 1534 heute Tornister mittelgriech.
> tschechisch
Reiter, Militär slaw. german.
b 17. Jh. Reisesack deutsch deutsch
b 1650 heute Knapsack Militärjargon german.
17. Jh. heute Duffle Bag engl. german.
b 18. Jh. Reisetasche
b 1724 Schnappsack deutsch deutsch
um 1800 heute Affe Militärjargon german.
19. Jh. heute Schnerfer alpenländisch
b 1880 heute Berliner deutsch Handwerker
(Walz)
deutsch
c 1972 heute Rollkoffer engl. trolley Flugreisende
1980 Survivalkit engl.
1990 bug-out-bag engl.
2017 Everyday Carry EDC engl.

Für einige Begriffe sind bürgerliche Familiennamen (a) in größerer Zahl greifbar und damit deutlich vor 1500 aus Berufsbezeichnungen entstanden; mittel- und althochdeutsche Wortwurzeln zeigen ein höheres Alter an.
Für andere Begriffe lassen sich erst spätere Erstbelege im Schriftdeutschen (b) finden.
Ab dem 19. Jahrhundert lassen sich neue Entwicklungen als Patent (c ) fassen.

Der Entstehungszusammenhang von Gepäck in Familiennamen

Die Beutelmacher bildeten eine eigene Handwerkerzunft 4), mancherorts gemeinsam mit den Riemenschneidern 5), doch überall im deutschen Sprachraum bildeten sich Familiennamen für die Hersteller von Taschen (Deschner, Teschner), Beuteln (Beutler, Schwedler, Schweidler), Äser (Neser, Näser), Säcken (Seckler), Ruckdäschel u.a. 6). Anzahl und räumliche Verteilung der folgenden Familiennamen (Auswahl) basieren auf Daten nach Geogen (geographische Genealogie) von Christoph Stoepel. Man kann vermuten, dass regionale Schwerpunkte einen Zusammenhang zwischen Herstellung und Verwendung nahelegen, so gibt es Rusack-Cluster im Harz und Ruckde(ä)schel-Cluster im Erzgebirge. Die folgende Tabelle ist als andeutende, grobe Übersicht zu verstehen:

Familienname Anzahl Cluster Beispiel
Beutler 1400 insb. nördlich des Mains
Schwedler, Schweidler 1.000
Ruckde(ä)schel 580 zw Erzgebirge und Bamberg
De(ä)schner 550 zw Bamberg und Rastatt
Se(ä)ckler 360 zw. Schwäbischer Alb und Niederrhein
Näser 280 Thüringen, Kassel
Habersack 121 zw Fulda und Bamberg Johan Haversac
Hamburg 1272;
Thilo Haversack
Braunschweig 1306 7);
Coneken Haversackes
Neuhaldensleben 1330 8);
Henslinus Hawersak
1413 in Saaz/Bohemia 9)
Tuchmachermeister
Felleisen 66 Karlsruhe-Neckar-Odenwald
Wad(t)sack 60
18
Kassel-Mansfeld-Minden
Peine-Hildeheim-Braunschweig

Reisegepäckstücke in europäischen Sprachen

Rucksack ist der bei Weitem internationalste Begriff für ein Gepäckstück; andere Begriffe werden hier eher exemplarisch wiedergegeben und sind meist in Varianten innerhalb der jeweiligen Sprachräume (germanisch, romanisch, slawisch) in mehreren Sprachen vertreten. Manche Begriffe sind in der Herkunftssprache veraltet, jedoch als Lehnwort in anderen Sprachen erhalten, etwa *Knapsack, *Hafersack.

Sprache Eigenbezeichnung alt. Begriff Rucksack
Dänisch dansk rygsæk
Deutsch german Rucksack
Englisch english knapsack, haversack rucksack
Englisch (US) english knapsack, haversack backpack
Isländisch islenskur bakpoki
Niederländisch nederlands knapzak rugzak
Norwegisch norsk ryggsekk
Schwedisch svenska ryggsäck
Französisch français canapsa, Havresack Sac á dos
Italienisch italiano zaino sacco da montagna
Spanisch
Katalanisch u.a.
espaniol
català
Sarró, morral
motxilla, mochila, taleca
Portugiesisch português mochila
Rumänisch română desagă, Traistă, straiţă
Albanischshqip Çantë shpine
Bosnisch bosanski torba, ranac Ruksak
Bulgarisch balgarski ranitsa, сама́р
Kroatisch hrvatski naprtnjača, ruksak
Polnisch polski torbak, ranac plecak
Russisch russky mešók Рюкзак
Slovenisch slovenščina nahrbtnik, ruzak
Tschechisch cesky bagl, batoh rukzak
Baskisch euskara motxila bizkar-zaku
Esperanto esperanto dorsosako
Estnisch eesti riippi seljakott
Lettisch latviešu mantu soma mugursoma
Litauisch lietuvių kuprinė
Finnisch suomi rinkka selkäreppu
Griechisch Νέα Ελληνικά σακκίδιο
Türkisch türkce arka çantasi sırt çantası
Ungarisch magyar tarisznya (hát-)izsák

Literatur

Sehr ausgiebige sprachübergreifende Zusammenhänge in:


siehe auch
Ausrüstung
Anschaffungen
Lasten
Gepäckträger
Lasttiere

1)
Ludwig Ramshorn
Lateinische Synonymik: Nach Gardin-Dumesnil's Synonymes Latins
Band 1, Baumgärtner, Leipzig 1831. Kapitel 840: Loculi, Marsupium, Pasceolus, Zona, Crumena, Bulga, Funda, Pera, Mantica - mit zahlreichen Belegstellen
2)
Joannes Amos Comenius
Orbis sensualium picti pars prima (secunda)
1729 beschreibt S. 218 die Erzeugnisse des Beutlers
3)
Henry George Liddell, Robert Scott, A Greek-English Lexicon Online
Pokorny bhasko
4)
Caroline Bresslau
Die Stellung des Kölner Rats zu den Zünften im 15. und 16. Jahrhundert
Ein Beitrag zur Wirtschaftspolitik einer freien Reichsstadt.
Diss. Phil. I. Bern, Buchdr. Orthen, 1936 S. 109
9 Zünfte der Lederzurichter: Gürtelmacher, Riemenschneider, Sattelmacher, Schumacher, Taschenmacher, Beutelmacher, Handschuhmacher, Kumtmacher
5)
Kämmereirechnungen der Stadt Hamburg 1350-1400
Hamburg. Kämmerei 1869; S. XXXIII
6)
Fabian Fahlbusch, Simone Peschke
Familiennamen nach Beruf und persönlichen Merkmalen
Walter de Gruyter 2016, Kap. 7.3 Sattler, Beutler, Gürtler, Riemer, 403-421
Albrecht Greule, Matthias Springer
Namen des Frühmittelalters als sprachliche Zeugnisse und als Geschichtsquellen
Walter de Gruyter, 2009
7)
Stadtbücher
8)
Theodor Sorgenfrey
Die Stadtbücher von Neuhaldensleben (ca. 1255-1463)
O. Hendel, Haldensleben 1923, S. 90, 92, 93
9)
Ludwig Schlesinger
Städe- und Urkundenbücher aus Böhmen
Band 2, Der Verein, 1892, S. 163 Saaz, 11.02.1413 als »pannifex magister civium«