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Literatur über Reisen durch Sibirien

Der »Eroberer Sibiriens« Jermak Timofejewitsch (Ермак Тимофеевич, Ermak Timofeevič, Yermak um 1532 bis 1585) eroberte im Auftrag der Kaufmannfamilie Stroganoff das tatarische Khanat Sibir 1), nachdem der Zar den Wilden Osten zur Kolonisation freigegeben hatte. Jermak stammte aus einer Familie von Waldräubern und Flusspiraten 2) und galt als Kosak.

Von 1238 bis 1480 herrschten die mongolischen Khane der »Goldenen Horde« über Russland mit der Ukraine bis Polen. Im westlichen Europa gab es bis zum 16. Jahrhundert nur Gerüchte über diesen Teil des europäischen Ostens. Sigismund von Herberstein veröffentlichte 1549 in Wien sein Buch Rerum Moscoviticarum Commentarii, nachdem er seit 1519 wiederholt im Russischen Reich war, und beschrieb als Erster den russischen Raum auf der Basis von Erfahrungswissen, Recherchen und Abschriften von Dokumenten 3).
Im 18. Jahrhundert begann die wissenschaftliche Erschließung Sibiriens 4), doch die Ergebnisse früher sibirischer Erforscher und Entdeckungsreisenden verschwanden meist in den Archiven der Zaren; solche Geheimhaltung wurde auch zu sowjetischer Zeit beibehalten.

Das Bild Sibiriens in Film und Buch ist zudem geprägt durch dessen Rolle als größtes Gefängnis der Welt, mit Zwangsarbeit, Gulag, Verbannten, Flucht (→ Literatur über Fluchtreisen) sowie zwangsweise umgesiedelten Volksgruppen und hat eine eigene Literaturform hervorgebracht: die Katorga-Literatur 5), mit starken Bezügen zur sibirischen Reiseliteratur. Unterwegs zu sein war der normale Zustand in Sibirien: die einheimischen Völker waren Nomaden und die überwiegend mobile russische Bevölkerung setzte sich überwiegend zusammen aus

Zwar gibt es zahlreiche Parallelen zwischen der Besiedlung Nordamerikas und der Besiedlung Sibiriens 6). Das Leben in der frontier spiegelt sich jedoch in beiden Kulturen völlig unterschiedlich. Auf sibirischer Seite fehlt das romantische Bild des Ostens mit edlem Wilden, Hirten (Cowboy), Siedlerpathos, Waldläufer. Die sowjetische Propaganda und Zensur ließ nur ein Bild zu, das dem sowjetischen Ideal des Neuen Menschen genügte. Dazu gehörten keine edlen Wilden sondern hilflose Einheimische, keine autonomen Siedler, sondern geknechtete Kulaken und erst recht keine Cowboys und Trapper auf dem Ego-Trip. Gezeigt wurden die Helden der Arbeit beim Bau technischer Anlagen und die Zerstörer des Alten. Sibirien war Kolonie Russlands, blieb aber Teil Russlands auch nach dem Zerfall des Imperiums. Die Besonderheiten der dortigen Infrastruktur stellen auch heute noch besondere Anforderungen an Reisende und spiegeln sich in speziellen russischen Begriffen; zwei der gefährlichsten Straßen der Welt führen durch Sibirien, aber eben auch wichtige Routen durch Asien.

Belletristik

Autobiographisches & Reiseberichte

Wo Russlands breites Reich sich mit der Erde schließet
Und in dem letzten West des Morgens March zerfließet,
Wohin kein Vorwitz drang, wo Thiere fremder Art
Noch ungenannten Völkern dienten, 
Wo unbekanntes Erzt sich für die Nachwelt spart
Und nie gepflückte Kräuter grünten,
Lag eine neue Welt, von der Natur versteckt,
Bis Gmelin sie entdeckt.
Albrecht von Haller (1708 - 1777), Zu den Gmelinischen Reisen 1752

16. Jahrhundert

18. Jahrhundert

19. Jahrhundert

20. Jahrhundert bis 1945

Nach 1945

Sibirien in der Reiseliteratur der DDR

Sekundärliteratur

Unterwegs in Sibirien

Unterwegs in Russland

Reiseberichte

Der Blick zurück

Filme

Nach der Oktoberrevolution 1917 entstanden zahlreiche Filme, die sehr gut gemacht waren, jedoch von Anfang an als Propagandainstrument eingesetzt wurden und der Zensur unterlagen. Abenteurer, Tramps, Trapper und andere Individualisten entsprachen nicht dem Ideal des »neuen Sowjetmenschen«. Road Movies sucht man daher vergebens, man findet die oft namenlosen Helden der Revolution - Kosmopolit war ein Schimpfwort. Sowjetische Filme, die auf der Straße spielen, sind beispielsweise:

Nach dem Zweiten Weltkrieg darf Sibirien auch bunt, musikalisch und romantisch sein:

Der »Eastern« kopierte etwa ab 1966 zwar Muster des Western Films, siedelte die Handlung jedoch in den Steppen zwischen Kaukasus und Kasachstan an. Der berühmteste Red Western, Eastern oder ironisch Borschtsch Western auf der Leinwand im Osten enthält im Intro die seither meistzitierte, `ikonisch´ gewordene Wendung `The East is a delicate matter´:

Erica X Eisen
Delicate Matters
Borat & Central Asia in the Western [[wiki:imaginaere_reisen|Imagination]]
Blog, Arts & Culture Film Reviews 12/22/2020
The East is a delicate matter
White Sun of the Desert and the Soviet Western
In (Re)Locating the Frontier
International Western Films
Cynthia Miller, A. Bowdoin Van Riper (Hg.)
Lanham: Scarecrow Press, 2014, S. 373-393. 

Nach 1989 gerät Sibirien in den Fokus westlicher Filmemacher, sie finden ein hier ein Weites Land und eine Projektionsfläche für Irrationales und Absurdes:

Querverweise

1)
Armstrong, Terence (Ed.)
Yermak’s Campaign in Siberia
A Selection of Documents
London 1975
Karamzin, Nikolaĭ Mikhaĭlovich 1989. Istorii︠a︡ Gosudarstva Rossiĭskogo Kn. 3, Kn. 3. Moskva: Kniga. S. 225
2)
François Angelier: Dictionnaire des Voyageurs et Explorateurs occidentaux du XIIIe au XXe siècle. Pygmalion: Éditions Flammarion, Paris 2011, ISBN 978-2-7564-0156-0, S. 719
3)
Kämpfer, Frank, Reinhard Frötschner
450 Jahre Sigismund von Herbersteins Rerum Moscoviticarum Commentarii: 1549-1999. 408 S. Wiesbaden 2002: Harrassowitz.
Ergebnisse eines Kolloquiums an der Universität Münster, 12-16 Oktober 1999. Inhalt
4)
Jörg Stadelbauer
Die Erschließung Sibiriens
Räumliche Gefügemuster eines historischen Prozesses
in: Gert Leptin (Hrsg.): Sibirien: ein russisches und sowjetisches Entwicklungsproblem. Berlin: Berlin-Verlag Spitz, 1986, S. 11-33
5)
Krier, Anne
Reisen als Verfahren: Subjektentwürfe und epistemische Prozesse in der russischen Verbannungs- und Lagerliteratur des 18.–20. Jahrhunderts
Dissertation Zürich 2016
6)
Brown, Kate
Gridded Lives: Why Kazakhstan and Montana are Nearly the Same Place
The American Historical Review, Vol. 106, No. 1. (Feb. 2001), S. 17-48