Katherine Ely Dohan
Hypodemata: The Study of Greek Footwear and Its Chronological Value
Bryn Mawr College, 1985, 286S.
Dies ist eine alte Version des Dokuments!
»Gepäck?« antwortete er. »Habe keins.« »Wirklich keins?« »Yes. Bin früher so dumm gewesen, mich mit einer Menge von Sachen zu schleppen, und habe mich trotzdem für einen tüchtigen Globetrotter gehalten. Habe aber von dir gesehen, wie man es machen muß. Mache es nun ebenso: Anzug auf dem Leibe, Mantel, Waffen, Geld, weiter nichts.« Karl May, Im Reiche des silbernen Löwen III
Das Geheimnis der Beweglichkeit ist es, frei zu sein von jeglicher Last. Dem entgegen stehen das Bedürfnis nach Sicherheit und der Wunsch nach etwas Bequemlichkeit. Was man dafür glaubt zu brauchen, muss ins Gepäck passen. Bereits alte Reisesprichwörter verweisen auf das Gepäck als Last und Lust: »Der reist frey in alle landt, der nichts im beutel, nichts in der handt.«, aber auch: »Eines Reisenden schwerste Bürde ist ein leerer Beutel.« Ohne ein Lasttier und ohne Fahrzeug bleibt für die Last nur der eigene Rücken. Das ist uns angeboren, denn ohne aufrechten Gang kann der Mensch nicht tragen und so war der *Homo sapiens seit je auch ein Homo portans, der auch seine Tragetechniken ständig optimierte und anpasste.
Der Mann vom Hauslabjoch, bekannt als »Ötzi«, eine rund 5.300 Jahre alte »Gletschermumie« aus dem Ötztal in den Alpen, war gut mit Tragevorrichtungen durchdacht ausgestattet und unterwegs mit
Dies sind die ältesten bekannten und erhaltenen aus einer langen Liste von Reisegepäckarten; offensichtlich fehlen jedoch ein Stock und ein Wasserschlauch.
Die wichtigsten Dinge für eine Reise werden bereits im Neuen Testament (Lukas 10, 1-12) wiederholt genannt:
Diese Ausstattung war allerdings bewusst spartanisch, damit die so pilgernden Jünger lernen sollten, auf Almosen zu vertrauen.
In den Texten antiker Autoren haben sich vielfältige griechische und lateinische Begriffe für Gepäckformen erhalten 3), beispielsweise:
Was die einen von den anderen unterschied, ist oft unsicher. Das wird nicht nur von Form, Machart oder Trageart abhängen, sondern kann sich auch regional oder zeitlich gewandelt haben. Manches wurde jedoch durch das Mittelalter hindurch von Händlern, Wandermönchen und Scholaren praktisch genutzt und vom »Beutler« (Drumenarius, Marsupifex) hergestellt 4) und sprachlich über das Kirchenlateinische bis in die Neuzeit überliefert.
Es fällt auf, dass Habersack und Knapsack (in geringerem Maße auch Schnappsack) ab Mitte des 17. Jahrhunderts in anderen europäischen Sprachen auftauchen. Da liegt es nahe einen Zusammenhang mit den Landsknechten des Dreißigjährigen Krieges herzustellen, die diese Begriffe in angrenzende Länder mitgenommen haben. Habersack und Knapsack haben sich im englischen Sprachgebrauch beim Militär der USA und in Großbritannien bis heute gehalten.
Im 19. Jahrhundert entstand der Alpinismus als Massenbewegung, es entstand der Tourismus und es entstanden die bürgerlichen und proletarischen Wandervereine. Insbesondere durch Wanderer und Bergsteiger nahm der Bedarf an praktischen Gepäckstücken enorm zu: *Ranzen, *Tornister und *Felleisen. Sie alle wurden im 20. Jahrhundert vom *Rucksack verdrängt.
seit | bis | Begriff | Herkunft | Reichweite soz. | Reichweite ling. | |
---|---|---|---|---|---|---|
a | 14. Jh. | 1820 | Wadsack | gotisch > ahd. | Oberschicht | german. |
a | 14. Jh. | 1900 | Felleisen | lat. > ital. > franz. | roman. german. slaw. | |
a | 14. Jh. | Habersack | Mittelhochdeutsch | german. | ||
b | 1510 | heute | Ranzen | Rotwelsch | Fahrende | german. slaw. |
b | 1517 | 1650 | Knappsack | (ost-)niederdeutsch | Händler | german. |
b | 1534 | heute | Tornister | mittelgriech. > tschechisch | Reiter, Militär | slaw. german. |
b | 1551 | heute | Rucksack | deutsch | Bergbewohner | german. slaw. roman. |
b | 1650 | heute | Knapsack | Militärjargon | german. | |
b | 1880 | heute | Berliner | deutsch | Handwerker (Walz) | deutsch |
Für einige Begriffe (b) lassen sich Erstbelege im Schriftdeutschen finden. Andere (a) sind als bürgerliche Familiennamen greifbar und damit deutlich vor 1500 entstanden, möglicherweise für die Hersteller solcher Gepäckstücke 5):
Familienname | Anzahl | Cluster in | Beispiel |
---|---|---|---|
Habersack nicht: Haversack, Hafersack | 121 | zw Fulda und Bamberg | Johan Haversac Hamburg 1272;Thilo Haversack Braunschweig 1306 6);Coneken Haversackes Neuhaldensleben 1330 7);Henslinus Hawersak 1413 in Saaz/Bohemia 8) |
Felleisen nicht: valise | 66 | Karlsruhe-Neckar-Odenwald | |
Wadsack Watsack | 60 18 | Kassel-Mansfeld-Minden Peine-Hildeheim-Braunschweig |
Eine *Liste der klassischen Reiseausrüstung des Fahrenden Volkes umfasst:
Die Kataloge mit Reise-Ausrüstung umfassen mehrere hundert Seiten; Ausrüsterläden präsentieren sich Materialien auf mehreren tausend Quadratmetern. Doch wer sein Reisegepäck unter erschwerten Bedingungen tragen muss, benötigt keinen *Ballast. Von Bergführern bekommt man zu hören: »Unter schwersten Umständen muss Dein Rucksack leer sein, weil Du alles im Einsatz hast.«
Ein Rucksack sollte nicht mehr wiegen als etwa ein Viertel des eigenen Körpergewichts - das ist schon schwer. Mehr zu tragen erfordert langes Training und eine gute Rucksackqualität. Radfahrer und Motorradfahrer müssen sich ebenso einschränken. Wer jedoch mit einem *Fahrzeug reist, neigt schnell zum *Immermehrismus.
Muss: Trinken, Essen, Schlafen, Wärme und Gesundheit müssen als Grundbedürfnisse garantiert sein. In Städten und auf dem Dorf gelingt das meist mit Geld, Dokumenten und Informationen. Outdoor & Offroad wird es schwieriger - man muss alles mitnehmen. Autarkie für bestimmte Zeiträume und klimatische Besonderheiten muss geplant werden. Zudem werden die Grundbedürfnisse erweitert um Orientierung und Mobilität - beides muss gewährleistet sein oder man findet sich in einer Survival-Situation wieder.
Kann: Die gewissen Extras, etwas Luxus, bequeme Hilfsmittel, Unterhaltsames, Genussmittel - eben alles, was schön ist oder Spass macht.
siehe auch:
Anschaffungen
Liste der Reisegepäckarten
Die technischen Mittel des Reisens vom Pfad über Tragehilfen bis hin zum Wagen sind uns alltäglich vor Augen und bleiben wegen ihrer Selbstverständlichkeit weitgehend unbeachtet; auch der akademische Blick schweift meist darüber hinweg. Volkskunde und europäische Ethnologie bieten nur wenige systematische Ansätze zu diesem Themenfeld:
Attila de Paládi-Kovács
(Hrsg.)A. Fenton, J. Podolák and H. Rasmussen
Gleichwohl gibt es zahlreiche Museen weltweit zum Thema »Transport«, mit Kutschen, Droschken, Autos, Busse, Landmaschinen, Eisenbahnen, Flugzeuge usw. Aber wo bleiben die kleinen Dinge: Reisekleidung, Gepäck, Ausrüstung? Die Museen sind voll von Exponaten, die Reisende, Entdecker und Erforscher aus aller Welt zusammengetragen haben. Aber nicht ein einziges Museum beschäftigt sich damit, wie diese Menschen gereist sind: Was hatten sie denn dabei, um jahrelang unterwegs zu sein? Wie überlebt man in Bergen und Wüsten? Wie organisiert man eine Expedition mit Hunden, Maultieren, Pferden oder Kamelen? Systematische Sammlungen dazu scheint es nicht zu geben; allenfalls bieten personenbezogene Museen Ansätze dazu:
Katherine Ely Dohan
Ludwig Ramshorn
Joannes Amos Comenius
Theodor Sorgenfrey
Ludwig Schlesinger
Claudia Schopphoff