Gritje Hartmann
: Lateinisch/deutsch. Einleitung, Edition, Kommentar und Übersetzung. Der Kommentar untersucht die Quellen und identifiziert die erwähnten Orte und Gebäude. 455 S. (= Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins, 33) Harrassowitz 2004Dies ist eine alte Version des Dokuments!
Das Bild des Orients
Wer sich orientiert, blickt nach Osten zum Sonnenaufgang, denn von dort kommen Licht (ex oriente lux) und der neue Tag. Die abendländischen (europäischen) Vorstellungen von Europa und Asien sind von dieser Richtung geprägt:
Kontinent | Europa | Asien |
---|---|---|
semitisch | ereb `dunkel´ > Europa | acu `Sonnenaufgang´ > Asien |
Himmelsrichtung | Westen | Osten |
indogermanisch | u̯es- `herab´ | au̯es `leuchten´ |
Metapher | Abendland | Morgenland |
römische Weltgegend | Okzident | Orient |
lateinisch | occidere ‘niedergehen | orīrī ‘sich erheben´ |
arabische Weltgegend | Maghreb | Levante |
arab. gharaba `weggehen´ | lat. levare `emporheben, aufgehen´ |
Die Unschärfe der Begriffe (Vorderer Orient; Naher Osten, Mittlerer Osten und Ferner Osten) ist ihr Vorteil, da sie damit flexibel den zeittypischen Strömungen zwischen Imagination und Anschauung angepasst werden. Orient und Orientalen bedienen Bilder im Kopf (ähnlich wie Insel(-paradiese), Südsee, Der edle Wilde) und werden damit auch Projektionsfläche für Utopien, also die Suche nach dem Schönen im Entfernten. Damit verbunden ist das Aneignen des Fremden, die Selbstentdeckung im Exotischen aus der Ferne (→ Liste der Ausstellungen); siehe auch → Frauen unterwegs im Orient.
Als Orient galten etwa: der Nahe Osten, das Osmanische Reich, Ägypten, Arabien, Persien, die Länder an der Seidenstraße und an der Gewürzstraße, Indien, Ceylon, China, Japan
Zeitleiste der Begegnungen mit dem Nahen Osten
- Ab dem 4. Jahrhundert Pilgerreisen ins Heilige Land, in der Regel organisiert als Küstenschifffahrt mit Byzanz als wichtigster Zwischenstation.
- 1071 schlugen turksprachige (islamische) Seldschuken bei Manzikert die byzantinischen (christlichen) Truppen und gründeten das Sultanat der Rum-Seldschuken auf byzantinischem Boden.
Um 1300 entstand das Osmanische Reich. - 1172: Syrien und Palästina nach dem Reisebericht des Benjamin von Tudela [Sefär ha-Massa'ot]. Übersetzt und erklärt von
Hans Peter Rüger
. Kommentierte Übersetzung der Syrien und Palästina betreffenden Partien. XI, 80 S. zwei Falttafeln, (= Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins; Band 12) Harrassowitz 1990. Tudela reiste 1165 bis etwa 1173 durch Spanien, Italien, Griechenland,Türkei, Palästina, das Zweistromland nach Ägypten. - 1430/1475
Jacopo de Promontorio
de Campis [etwa 1405-1487] aus Genua reiste als Händler durch das Osmanische Reich. - 1433
Bertrandon de la Broquière
, der Pilger verweilt auf der Rückreise aus dem Heiligen Land in KonstantinopelCharles Henri Auguste Schefer
(Hg.)
Le Voyage D'outremer De Bertrandon De La Broquière. (=Islamic world in foreign travel accounts, 5) LXXVIII, 323 S. (Reprint Ausgabe Paris 1892: Leroux) Frankfurt am Main 1994: Institute for the History of Arabic-Islamic Science Online .
- 1435–1439
Pero Tafur
Andanças é viajes bereiste die Levante. - 1438/1458
Georg von Ungarn
aus Siebenbürgen Tractatus de moribus, condictionibus et nequicia Turcorum
Ein Bericht aus osmanischer Gefangenschaft. - bis 1453 Reisen nach Konstantinopel & Byzanz
- ab 1453 Reisen zu den Türken
- 1477
Hans Schiltberger
aus Bayern nahm am Kreuzzug von Nikopolis teil und war sechs Jahre als Gefangener im Osmanischen Reich. - 1477/78
Wilhelm Tzewers
: Itinerarius terre sancte 1) - 1503
Andrea Gritti
Relazione, der venezianische Diplomat beschreibt seine Erfahrungen. - 1523
Teodoro Spandugino
, Der Türcken heymligkeyt. Ein New nutzlich buechlein von der Türcken ursprung … und gebreuchen. Bamberg - 1553-1555
Hans Dernschwam
(1494-1568) , Hans Hattenhauer, Uwe Bake (Hg.)
Ein Fugger-Kaufmann im Osmanischen Reich. Bericht von einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien 1553-1555.
XXVI, 411 S. Frankfurt am Main 2012: Lang. Das Original liegt im Fugger-Archiv in Dillingen, es wurde 1923 (von Franz Babinger)/1986 (Neudruck) und 2012 veröffentlicht. - 1556
Melchior Lorichs
, Wolgerissene und geschnittene Figuren. Hamburg 1646 - 1567
Nicolas de Nicolay
, Les Quatre Premiers Livres des Navigations et Pérégrinations Orientales. Anvers. - 1574
Adam Reißner
(um 1496 – um 1582)
Ierusalem, Die Alte Haubtstat der Jüden … Frankfurt / M.
Ohne selbst dort gewesen zu sein beschreibt Reißner ein Idealbild Jerusalems »auf hohem Gebirg mitten in der Welt als das irdische Paradies und Vorbild der ewigen Stadt Gottes«. - 1598
Jan Huygen van Linschoten
Discours of Voyages into ye Easte & West Indies … (= Bericht über die Reise zu den Ost- und Westindischen Inseln …)
4 Bde. [10], 197, [4], 198-259 [i.e. 295], [3], 307-462 S., [4] Falttafeln: Ill. Karten. London 1598: Iohn Wolfe.
Jan Huygen van Linschoten (1563 – 1611) war ab 1581 Sekretät des Erzbischofs im portugiesischen Goa und kehrte 1592 nach dessen Tod zurück in die Niederlande. Mit zurück brachte er auch Kopien der geheimen portugiesischen Seekarten und schuf damit die Voraussetzung für die niederländische Expansion in den südostasiatischen Raum. 1594 gründeten holländische Kaufleute die Compagnie van Verre (= Kompanie für die Ferne). Am 2. April 1595 segelten die vier Schiffe Amsterdam, Hollandia, Mauritius und Duyfken unter dem Kommando vonCornelis de Houtman
Richtung Bantam (heute die Hafenstadt Semarang auf Java), zielführend war der Gewürzhandel. Daraus entstand 1602 dann die Vereenigde Oostindische Compagnie VOC. Sie wurde zu einem der weltweit größten Handelsunternehmen des 17. und 18. Jahrhunderts. - 1614
Pietro Della Valle
eines vornehmen römischen Patritii, Reiss-Beschreibung in unterschiedliche Theile der Welt : nemlich in Türckey, Egypten, Palestina, Persien, Ost-Indien und andere weit entlegene Landschafften …
4 Teile. 929 S. Genf, 1674.
Pietro Della Valle (1586–1652) pilgerte 1614 von Venedig aus via Türkei, Ägypten, Arabien nach Jerusalem. Im Anschluss reise erdurch Syrien und Persien nach Indien und beendete seine Reise 1626 in Rom. - 1628 Herrn Johann Baptisten Taverniers, Freyherrns von Aubonne, Vierzig-jährige Reise-beschreibung. Worinnen dessen, durch Türkey, Persien, Indien, und noch mehr andere Oerter, Höchst-löblichst-vollbrachte sechsmalige Länder-reise … Samt einer Relation von ausführlicher beschaffenheit dess Serrails oder türkischen Palasts vorgestellet …
Nürnberg 1681: J. Hofmann.
Sechs lange Reisen zwischen 1628 und 1668 bildeten die Grundlage für diese Reisebeschreibung. Tavernier war Diamantenhändler, Vater und Onkel waren Kartographen und Kartenhändler, er selbst trug sammelte unterwegs systematisch das geographische Wissen anderer Reisender. - 1644 Orientalische Reise-Beschreibung:
Jürgen Andersen
aus Schleßwig/ Der Anno Christi 1644 außgezogen/ und 1650 wieder kommen. UndVolquard Iversen
aus Hollstein/ So Anno 1655 außgezogen/ und 1668 wieder angelanget : Sind beyde respective durch Ost-Indien/ Sina, Tartarien/ Persien/ Türckeyen/ Arabien und Palestinam gezogen: und haben zu Wasser und Land viel merckliche Dinge gesehen und erfahren … 175 S., [2], Ill., Karten. Hamburg 1696: Zacharias Herteln und Thomas von Wiering. - 1654
Philippus Baldaeus
Naauwkeurige beschryvinge van Malabar en Choromandel, der zelver aangrenzende ryken, en het machtige eyland Ceylon… Amsterdam 1672: Jansson van Waasberge.
Philippus Baldaeus (1632 – 1671) verpflichtete sich als Prediger für zehn Jahre (um 1654–1665/1666 ) im Dienst der Niederländischen Ostindischen Kompanie. - 1712
Olfert Dapper
(um 1635 – † um 1689)
Delitiae Orientales, Das ist Die Ergötzlich- und Merkwürdigkeiten des Morgenlandes : Nach dessen vornehmsten Landschafften, Jnsonderheit Syriens, Und des Gelobten Landes, sam[m]t dero berühmtesten Städten, Gottesdienst … Jngleichen der alten und neuen Geschichten…
Nürnberg, 1712. Online.
Der Niederländer war kein Reisender, kollationierte jedoch umfassende Werke über Afrika, China, Persien, Georgien und Arabien, vermied dabei jedoch eine bewertende Sichtweise und strebte objektive Schilderungen an. - 1711 übersetzte
Antonio Galland
die Märchen der Tausendundeinen Nacht ins Französische und begann damit, dieses Werk ins europäische Bewußtsein zu bringen. - 1721 erschienen die Persischen Briefe (Lettres Persanes), ein Briefroman von
Charles de Secondat, Baron de Montesquieu
(1689-1755). - 1716-1718 lebte
Lady Mary Montagu
(1589-1672) als Frau des britischen Gesandten in Konstantinopel (=Adrianopel). Ihre Turkish Embassy Letters wurden posthum und bis heute immer wieder veröffentlicht. - Um 1770 bis 1850: Morgenlandfahrer im Osmanischen Reich
- 1802-1810 reiset der Arzt und Naturforscher
Ulrich Jasper Seetzen
(1767-1811) von Syrien bis Unter-Ägypten:Ulrich Jasper
Seetzens Reisen durch Syrien, Palästina, Phönicien, die Transjordan-Länder, Arabia Petraea und Unter-Ägypten.
Fr. Kruse
(Hg.) Berlin: 1854, Reimer (= Reprint Hildesheim 2004: Olms. Carsten Niebuhrs
(1733-1815)
Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Ländern erschienen 1773, 1778, 1837.- 1825 berichtete der Schneidergeselle Johann F. J. Borsum:
Reise nach Constantinopel, Palästina und Egypten oder Lebendiger Beweis, wie gnädig Gott dem durchhilft, der seine Hoffnung auf ihn setzet.
Berlin 1825. Überarbeitet von David Traugott Kopf als Reprint. XX, 261 S. (=Documenta Arabica. Teil 1: Reiseliteratur) Olms 2005). - 1838 erschienen die Reiseerinnerungen von
Herzog Maximilian aus Bayern
2) - 1846
Friedrich Wilhelm Hackländer:
Reise in den Orient. Text der 2., verbesserten Auflage Stuttgart 1846. Reprint zwei Bände in einem Band, X, 459 S. (=Documenta Arabica. Teil 1: Reiseliteratur) Olms 2004. - Die orientalischen Märchen von
Wilhelm Hauff
(1802-1827) und die Reiseerzählungen vonKarl May
(1842-1912) prägten das Bild des Orients in der Öffentlichkeit stärker als mehrbändige Reiseberichte. Jules Verne
(1828-1905),Guy de Maupassant
(1850-1893),André Gide
(1869-1951),Louis Ferdinand Céline
(1894-1961) und andere reisten in die französischen Kolonien des Orients; ihre Reiseerfahrungen beeinflussten ihre Werke.- 1898 bewirbt das Reisebüro Thomas Cook & Son, Wien, eine Orientfahrt mit den Dampfern der Hamburg-Amerika Linie.
Maximilian Herzog in Bayern
, Walter Hansen
(Hg.):Wanderung nach dem Orient im Jahre 1838. 155 S. Querformat. Pfaffenhofen 1978: Ludwig.