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wiki:uebergang

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wiki:uebergang [2021/05/10 05:32] norbertwiki:uebergang [2023/09/21 14:13] – [Das Eigene und das Andere] norbert
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-====== Übergang ====== +====== Übergang & Schwelle ======
-Geburt und Tod bilden die Übergänge zwischen Sein und Nicht-Sein.\\ +
-Dazwischen werden Übergänge zuallerst in der Natur erfahren. Indem der Mensch unterwegs ist überschreitet er Berge und Flüsse, betritt einen Wald, verlässt eine Höhle; besondere Übergänge sind daher  +
-  * Gebirgspässe +
-  * Furten +
-  * Höhleneingänge +
-Seitdem der Mensch die Natur technisch gestaltet, schafft er sich neue Übergänge: +
-  * Türschwellen +
-  * Tore +
-  * Weggabelungen +
-  * Straßenkreuzungen  +
-Der Übergang erfolgt in drei Phasen: +
-  - das Verlassen einer Zone, eines Raume, einer [[wiki:landschaft|Landschaft]] +
-  - der Aufenthalt im Zwischenraum +
-  - der Eintritt in eine Zone, einen Raum, eine Landschaft +
-Die //liminal points// sind also eher , da ihnen eine gewisse Ausdehnung eignet.+
  
-Die Übergangsbereiche (//liminal zones//sind oft gekennzeichnet durch Steinmännchen, WegekreuzeGebetsfahnenInschriften und erfordern traditionell bestimmte Handlungen wie etwa einen Stein auflegen, ein Kreuzzeichen, ein Speise- oder Trankopfer für die zuständigen [[wiki:reisegoetter|Reisegötter]]. Ein kurzer Aufenthalt an diesen Stellen ist also nötig, der dauernde Aufenthalt macht den [[wiki:wandern|Wanderer]] jedoch zum [[wiki:grenzgaenger|Grenzgänger]].+==== Fortbewegung: In der Wildnis unterwegs ==== 
 +Erwachen und Einschlafen bilden die Schwellen zwischen Bewußtsein und Traum; Geburt und Tod bilden die Schwellen (engl. threshold) zwischen Sein und Nicht-Sein, da aktive Hinüberschreiten [[wiki:unterwegs-sein|unterwegs]] bildet den Übergang zwischen Räumen und bestimmt die [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellungen]].\\  Die [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]] in der Natur folgt [[wiki:weg|Pfaden]], führt über Berge und Flüsse, durch Wald, in Höhlen. Dabei werden die natürlichen Schwellen der [[wiki:wildnis|Wildnis]] besonders wahrgenommen, etwa als:  
 +  * [[wiki:alpenpaesse|Gebirgspass]] 
 +  * Furt 
 +  * Waldrand 
 +  * Höhleneingang 
 +Schwellen ermöglichen den Übergang und gliedern so den [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]] - ein [[wiki:unterwegs-sein|Unterwegs-sein]] ohne diese drei Komponenten ist nicht möglich und wiederholt daher immer wieder drei Schritte: 
 +  - das Verlassen einer (vertrauten) Zone, eines Raumes, einer [[wiki:landschaft|Landschaft]]; 
 +  - den Aufenthalt im [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]]; 
 +  - den Eintritt in eine (unbekannte) Zone, einen Raum, eine [[wiki:landschaft|Landschaft]]. 
 +Schwellen hemmen den Übergang, weil besonders dort dem Antrieb das Bedürfnis nach Sicherheit entgegensteht. Diesem wird durch [[wiki:orientierung|Orientierung]] und [[wiki:wegfindung|den richtigen Weg]] entsprochen. Im [[wiki:unterwegs-sein|Unterwegs-sein]] wiederholen sich daher unentwegt drei Phasen:  
 +  - [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]] auf ein Ziel hin 
 +  - Innehalten (Hemmung) an der Schwelle 
 +  - Hoffnung im Übergang oder Umschwung zur Rückkehr 
 +Die indischen //Tirtha// (Sanskrit तीर्थ `Furt, Übergang´) haben eine geographische __und__ eine spirituelle Bedeutung und sind zudem Pilgerorte. Solche Schwellen sind als Übergangsbereiche (//liminal zones//) oft gekennzeichnet durch //liminal points// wie [[wiki:steinmann|Steinmännchen]], WegekreuzGebetsfahneAltarInschrift und erfordern dort bestimmte Handlungen (Übergangsriten) wie etwa einen Stein auflegen, ein Kreuzzeichen, ein Speise- oder Trankopfer für die zuständigen [[wiki:reisegoetter|Reisegötter]].  Ein kurzer Aufenthalt an diesen Stellen ist daher nötig, der dauernde Aufenthalt macht den [[wiki:wandern|Wanderer]] jedoch selbst zum suspekten [[wiki:grenzgaenger|Grenzgänger]]: im besten Fall als [[wiki:faehrmann|Fährmann]] (z.B. ''Charon'') oder [[wiki:fuehrer|Führer]] (z.B. ''Christophorus''), im schlechtesten Fall als [[wiki:trickster|Trickster]], [[wiki:wilde_jaeger|Wilder Jäger]] oder [[wiki:vargr|Werwolf]]. Die nordischen Seherinnen praktizierten an solchen Orten das [[wiki:utiseta|útiseta]]. 
 + 
 +==== Das Eigene und das Andere ==== 
 + 
 +Seitdem der Mensch die Natur technisch gestaltet, schafft er sich neue Übergänge, oft mit Wächtern: 
 +  * Schwelle & Türsturz 
 +  * Pforte & Tor 
 +  * Bannkreis & Schranke  
 +  * Steg & Brücke 
 +  * [[wiki:weg|Weg]]gabelung & [[wiki:strasse|Straßen]]kreuzung 
 +Erst dadurch entsteht der befriedete Raum als Heim für das Eigene mit einer [[wiki:grenze|Grenze]] zum Anderen, wobei der Eindringling ein [[wiki:der_fremde|Fremder]] ist, zum [[wiki:gast|Gast]] oder zum Feind werden kann. Sprachlich werden alle Übergänge fruchtbar als [[wiki:liste_reisemetaphern|Metapher]], also als Ausdruck der inneren Bewegtheit, man spricht von Schwellenangst, -erfahrung, -zauber, für die die Hüter der Schwelle oder deren //genius loci// beansprucht werden wie etwa der doppelgesichtige ''[[wiki:reisegoetter|Janus]]'' oder der [[wiki:genius_cucullatus|Genius Cucullatus]].  
 + 
 +==== Der Übergang im Bild ==== 
 +  * ''Johann Wolfgang von Goethe''\\ //Scheideblick  nach Italien  vom  Gotthard//, 1775\\ Faksimile, 34,5x43,5 cm Berlin, Nationalgalerie 
 +  * ''Ludwig Richter''\\ //Die Überfahrt am Schreckenstein//, um 1840\\ Öl auf Leinwand, 36,7×48,4 cm Privatsammlung, Norddeutschland 
 +  * ''Karl Friedrich Schinkel''\\ //Felsentor//, 1818\\ Öl auf Leinwand, 74× 48 cm Berlin, Nationalgalerie 
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 +==== Literatur ==== 
 +  * ''Klara Löffler''\\ //Dahinter, daneben, darüber hinaus.//\\ Abseits im Fokus der Europäischen Ethnologie.\\ Gem. mit Judith Berkhout, Maria Takacs. In: Zeitschrift für Qualitative Forschung 10.2 (2010) 249-265 [[https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/35507|Online]] 
 +  * ''Reuchelt E.''\\ //Die Fernreise als Initiation.//\\ In: Schröder E., Frießem D.H. (eds) George Devereux zum 75. Geburtstag. Eine Festschrift. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 1984. [[https://doi.org/10.1007/978-3-663-19640-2_23|Online]] 
 +  * ''Saeverin, Peter F.''\\ //Zum Begriff der Schwelle. Philosophische Untersuchung von Übergängen.//\\ Zugl.: Oldenburg, Univ., Magisterarbeit, 2002. 172 S. (= Studien zur Soziologie und Politikwissenschaft) Oldenburg Bis 2003 [[http://oops.uni-oldenburg.de/576/|Online]] 
 +  * Mit dem »Dazwischen« hat sich ''Albert Camus'' in seinem ersten Werk beschäftigt (//L'Envers et l'endroit//, 1937). Dieser Titel wurde vielfältig übersetzt als: 
 + 
 +| französisch ^ L'Envers et l'endroit | Vorderseite und Rückseite | 
 +| englisch ^ Betwixt and Between | Dazwischen und Zwischen | 
 +| englisch ^ Wrong Side and Right Side | Falsche und richtige Seite | 
 +| deutsch ^ Licht und Schatten | Licht und Schatten | 
 +| deutsch ^ Innen und außen | Innen und außen | 
 +| niederländisch ^ Keer en tegenkeer | Kehr und Widerkehr:\\ Wende und Gegenwende | 
 +| italienisch ^ Il rovescio e il diritto | Die Kehrseite und das Recht | 
 +| spanisch ^ El revés y el derecho | Rückseite und Recht | 
 +| russisch ^ Изнанка и лицо\\ Iznanka i litso | Der Rücken und das Gesicht | 
 +| griechisch ^ Απ' την καλή κι απ' την ανάποδη  | Vom Guten und vom Gegenteil |
wiki/uebergang.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/21 14:15 von norbert

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