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wiki:traeger

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Träger

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Reisegepäck Luggage Bagage Equipaje Bagage
Last burden charge carga last
Lasttier pack animal bête de somme bestia de carga lastdier
Fracht freight fret flete vracht
Träger porter porteur potador drager

Der Mensch qualifizierte sich in seiner biologischen Entwicklung je nach Sichtweise durch seine Fähigkeit zur Vernunft als (Homo sapiens), durch Neugier als (Homo viator) und durch seine Fähigkeit Besitz (→ Siebensachen) mitzunehmen als (Homo portans) und legte damit die Grundlage zum Tauschen und Täuschen als Fahrender Händler (Homo Mercator).

Träger sind zwar oft auch Führer, Kundige und Wächter, doch lässt sich die Aufgabe des Tragens besonders einfach delegieren, so dass Lastenträger zwar Besitz (→ Sack und Pack) auf sich nehmen, jedoch meist nicht den eigenen. Der Begriff `Kuli´ bezeichnet in allen dravidischen Sprachen, im Türkischen, in Urdu, Hindustani und Gujarati (eine Trägerkaste) den Träger 1) und dessen harte Arbeit, ebenso im Chinesischen, Japanischen, Philippinischen - nicht aber im indoeuropäischen Raum, wo neben dem Tragen auch das Fahren und Transportieren mit dem Wagen möglich war.

Die Last in den Händen zu tragen behindert Arm- und Beinfreiheit, daher bietet sich das Tragen auf dem Kopf als einfachste Tragetechnik an und ist in vielen afrikanischen Ländern bis heute verbreitet, während das Tragenetz (z.B. bilum in Papua-Neuguinea) das Tragen mit der Stirn, der Schulter und dem Rücken ermöglicht. Sack, Beutel und Rohr (z.B. Bambus) lassen sich mit der Tragstange (z.B. furca) auf den Schultern tragen.

Durch Macht, Geld, Moden, soziale oder berufliche Differenzierung ist das Tragen je nach Zeit und Gesellschaftsform eine Sache von:

  • Bagagisten in Luxus-Unterkünften (manchmal ein Page, nicht der Portier)
  • Bergsteigern mit dem Rucksack
  • Dienstleuten (engl. »boy«)
  • Dooly-wallah, palki-bearer, kahar (Hindu) 2)
  • Frauen
  • Hüttenträgern in den Alpen
  • hochalpinen Trägern (nepal. »Sherpa«) und Führern
  • Karawanenträger, Swahili: mpagazi, wapagazi
  • Knechten mit Säcken
  • Kulis (engl. coolies)
  • Lader (Nürnberger Träger ab 1350)
  • Sacca < gr. Σακκοφόρος `Sackträger´ > lat. saccarius 3) mit semitischen Wurzeln im Raum zwischen Pakistan und Antaolien sowie im Mediterraneum
  • Sänftenträgern
  • Säumer mit Lasttieren
  • Sklaven
  • Trägern (engl. porter, carrier, bearer), z.B. an Bahnhöfen oder Flughäfen
  • Treibern mit Lasttieren
  • Troßfahrern mit Lasten
  • Truck pusher: Träger, die Lasten auf mehrrädrigen Karren schieben.
  • Wanderern und Backpackern
  • Wasserträgern in Orten

Begrifflich spiegelt der »Gepäckträger« den touristischen Blick der Moderne auf den viel sachlicheren »Lastenträger«, weil Letzterer in Europa selten geworden. Das sieht anders aus, wenn man in Madagaskar auf einem Markt etwas einkauft, in Indien einen Bahnhof betritt oder in der ostafrikanischen Steppe auffällt, weil man der einzige ist, der nichts auf dem Kopf trägt. Selbst im Rheinland trugen die Knechte auf den Bauernhöfen noch in den 1950er Jahren Normsäcke mit 100 Kilogramm Gewicht. Das entspricht dann etwa der Traglast, die Malville bei nepalischen Trägern (männlich, 20-49 Jahre alt) mit 146 % des Körpergewichts ermittelte.

  • Markus Krischer
    Der Mann aus Babadag
    Wie ein türkischer Janitschar 1683 nach München verschleppt und dort fürstlicher Sänftenträger wurde.
    214 Seiten mit 22 Abb., Konrad Theiss Verlag 2014

Reisende tragen in der Regel ihr Gepäck selbst, insbesondere ihren Proviant. Manches Mal mag man jedoch froh sein, das eine oder andere Reisegepäck von einem Träger tragen zu lassen, weil die Luft zu dünn wird, die Hitze zu groß, der Schnee zu tief, der Dschungel zu schlammig - oder weil man zu viel eingekauft hat. Oftmals ist der Träger dabei auch ein Führer, weil er den Weg kennt und manches mal auch ein Wächter, weil ihm die Gefahren bewußt sind. Und wenn das Honorar stimmt (nicht nur Geld, sondern oft auch Lebensmittel, Getränke, eine Decke), so hat er nicht nur ein Einkommen, sondern auch ein Auskommen.

Ein Träger verkauft nicht nur seine Arbeitskraft, sondern auch sein Know-How. Wer sein Ziel erreichen will, muss seine Kräfte beim Aufbruch bereits so einteilen, dass sie ausreichen. Das kann derjenige am besten, der den Weg kennt. Reisende können durch Sport Kraft und Ausdauer zwar trainieren - aber einheimische Träger sind bestens an die klimatischen Bedingungen angepasst. Und wer sich als Reisender mit seiner Traglast überfordert, gefährdet die ganze Gruppe - dazu genügt ein verstauchter Knöchel. Die Leistung der Träger anzuerkennen ist wichtiger als falscher Ehrgeiz.

„Die Karavane von Bihé kommt gewöhnlich jedes Jahr zwei Mal nach Benguela, wo sie die mitgebrachten Waaren für europäische Erzeugnisse umtauscht. Eine solche Karavane besteht oft aus 3000 Köpfen, von welchen wenigstens die Hälfte bewaffnet ist; da es hier zu Lande keine Saumthiere gibt, so werden alle Waaren, auch in die entferntesten Gegenden, von Menschen transportirt.“ Einer solchen Karawane (ambakka) schloss sich Magyar an 4) und beschreibt die Vorgehensweise sehr ausführlich. Der Karawanenführer (som ambakka) verhalf ihm zu seiner Dienerschaft (Kikumba), an erster Stelle einem Kissongo (Haushofmeister, Leibwächter) und einem Kalei (Dolmetscher), dazu drei Sklaven. Der Reisende selbst liegt auf einem Tragetuch zwischen zwei Stangen (tipoia, oanda) und wird von zwei Trägern getragen. Damit diese sich abwechseln können, bedarf es dafür sechs bis acht Träger. Das persönliche Reisegepäck tragen die Sklaven, weitere Lasten werden für die Lastträger in Ballen (kupa) gepackt und mit Stangen (mango) getragen, insgesamt rund 90 Pfund. Gründliche Überlegungen zur Rolle des Trägers und den Umgang mit ihm stellte Wissmann an 5), dessen Expedition 400 Träger einplante:
„Mit all den schönen Ermahnungen im Herzen kehrten die Träger nach ihrem Lagerplatz zurück, doch schon auf dem Marktplatz waren die guten Vorsätze vergessen, denn mit harmloser Dreistigkeit raubten sie den Marktweibern die Waaren aus den Körben. Der hierdurch verursachte Schaden war nicht unerheblich; die Expeditionsfasse mußte wohl oder übel die Unkosten tragen, und dann wurde der Vorfall mit dem Mantel der Liebe zugedeckt.“ (S. 26, dort auch ein Bild von Trägern mit ihren Lasten auf Tragstangen).

Andree fasst in seinem Werk verschiedenen Expeitionsberichte zusammen und beschreibt auf dieser Grundlage die Erfahrungen mit Trägern sehr anschaulich 6).

Literatur

  • B. Basnyat, B. Schepens
    The burden of the Himalayan porter
    High Alt. Med. Biol. 2, 315-316. DOI
  • Bastien, G. J., Schepens, B., Willems, P. A. and Heglund, N. C.
    Energetics of load carrying in Nepalese porters
    Science (New York, N.Y.) 308.5729 (2005) 1755. doi:10.1126/science.1111513
  • G. J. Bastien, P. A. Willems, B. Schepens, N. C. Heglund
    The mechanics of head-supported load carriage by Nepalese porters
    Journal of Experimental Biology 219 (2016) 3626-3634. DOI
  • Bastien, G. J., Willems, P. A., Schepens, B., Heglund, N. C.
    Effect of load and speed on the energetic cost of human walking.
    European Journal of Applied Physiology 94 (2005) 76–83.DOI
  • Eva Berger
    Indigene Begleiter und Träger
    Rezension für H-Soz-Kult 25.04.2019
  • Dix, Arthur
    Afrikanische Verkehrssysteme der Gegenwart
    Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 134.1 (1931): 855-884
  • Beatrix Heintze
    Afrikanische Pioniere. Trägerkarawanen im westlichen Zentralafrika (ca. 1850–1890)
    Lembeck, Frankfurt am Main 2002
  • Kenntner, Georg
    Gebräuche und Leistungsfähigkeit des Menschen im Tragen von Lasten. Eine biogeographische Untersuchung. Vol. 3. Springer-Verlag, 2013
  • Krauß, Martin
    Der Träger war immer schon vorher da: die Geschichte des Wanderns und Bergsteigens in den Alpen
    Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2013
  • Robert Lessmann
    Die kleinen Menschen, die grosse Lasten tragen
    mandelbaum Verlag 2008, 117 Seiten, ISBN-10: 3854762631
  • Malville, N. J.
    Porters of the eastern hills of Nepal: body size and load weight
    Am. J. Hum. Biol. 11, 1-11
    doi:10.1002/(SICI)1520-6300(1999)11:1<1::AID-AJHB1>3.0.CO;2-E
  • Matthies, Volker
    Im Schatten der Entdecker: indigene Begleiter europäischer Forschungsreisender
    Ch. Links Verlag, 2018
  • Sonja Malzner, Anne Peiter (Hrsg.)
    Der Träger. Zu einer „tragenden“ Figur der Kolonialgeschichte
    transcript, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-8376-3753-3.
  • Peiter, Anne
    Afrikanische Lastenträger: Visuelle und literarische Darstellungen und ihre didaktische Herausforderungen für den DaF-Unterricht in Afrika
    Bertin Nyemb; Augustin Kenné; Georges Massock. Paradigmenwechsel in der Fremdsprachendidaktik. Konzeptionen und Perspektiven des DaF-Unterrichts und Germanistikstudiums im afrikanischen Kontext, S.43-66, 2019. ⟨hal-01870767⟩
  • Schaper, Edzard
    Einer trage des andern Last: eine Elegie auf den letzten Gepäckträger
    Vol. 417. Verlag Die Arche, 1965
  • Ungruhe, Christian
    Lasten tragen, Moderne befördern. Wanderarbeit, Jugend, Erwachsenwerden und ihre geschlechtsspezifischen Differenzierungen in Ghana.
    (=Beiträge zur Afrikaforschung, 89) VII, 438 S. Münster 2018: LIT.
  • Weiss, Dieter
    Vom Tragen auf dem Rücken.
    in: Volkskundliches aus dem Steirischen Ennsbereich / Hrsg. Von Volker Hänsel. 1981: 157-172.
    20 bäuerliche Rückentragegeräte, überwiegend aus dem Landschaftsmuseum Schloß Trautenfels, werden vorgestellt und eingeteilt in Rahmen aus naturgewachsenem Holz, handwerklich gefügte Rahmen und Rahmen mit Korbgeflecht.

siehe auch

  • International Porter Protection Group IPPG
  • The Kilimanjaro Porters Assistance Project KPAP

Ausrüstung
Anschaffungen
Lasten
Lasttiere

1)
Tamil kūli `mieten, anheuern´; türk. قول qul `Sklave´, chin. 苦力; kǔlì `harte Arbeit´; tibet. kohl `Diener, Sklave´
2)
Longmore, T., William A. Morris: A manual of ambulance transport. London 1893, s. „Conveyances borne by men“ unterscheidet Hammocks, Dandies, Strechers und zeigt Beispiele und Bauarten aus aller Welt mit Konstruktionshinweisen: Ashanti cots, Himalayan dandy, Lushai dandy, Amoo der Maori (Abb. 36), S. 144-146, siehe auch Tragstange
3)
Stichwort Ammonius in Smith: Dictionary of Greec and Roman …
4)
Magyar, Ladislaus Reisen in Süd-Afrika in den Jahren 1849 bis 1857. Aus dem Ungarischen von Johann Hunfalby: 1. Band : Mit einer Landkarte und acht Lithographien. 448 S. Pest und Leipzig, 1859.
5)
Wissmann, Hermann von: Im Innern Afrikas die Erforschung des Kassai während der Jahre 1883, 1884 und 1885. XIX, 457 S., mit einem Titelbild, über 100 Abbildungen und 3 Karten. Leipzig Brockhaus 1888. Seite 20 ff.
6)
z.B. Band 2, S. 173-188, 107-109 in: Andree, Karl: Forschungsreisen in Arabien und Ost-Afrika nach den entdeckungen von Burton, Speke, Krapf, Rebmann, Erhardt und anderen. Leipzig 1861: O. Purfürst.
Band 1: Burtons Reisen nach Medina und Mekka und in das Somaliland nach Härrär in Ost-Afrika. Band 2: Die Expeditionen Burtons und Spekes von Zanzibar bis zum Tanganyika- und Nyanza-See; Rebmanns Wanderung nach Dschagga und Krapfs Reisen im äquatorialen Ostafrika und Abessinien.
wiki/traeger.1659880158.txt.gz · Zuletzt geändert: 2022/08/07 13:49 von norbert

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