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wiki:orientierung

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wiki:orientierung [2021/11/29 16:27] norbertwiki:orientierung [2024/01/20 12:37] (aktuell) – [Literatur] norbert
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 ====== Orientierung ====== ====== Orientierung ======
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   Wer mit Verstand und Studium irre geht,    Wer mit Verstand und Studium irre geht, 
   der macht überhaupt gar keine Irrwege,   der macht überhaupt gar keine Irrwege,
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   Wilhelm Heinrich Riehl, Wanderbuch (1869)   Wilhelm Heinrich Riehl, Wanderbuch (1869)
  
-==== Richtungen ====+Die Orientierung im [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raum]] ist ein Teilsystem der [[wiki:navigation|Navigation]] wie auch  
 +  * **[[wiki:Positionsbestimmung|Positionsbestimmung]]** des Standortes bezüglich anderer [[wiki:Landmarke|Landmarken]] 
 +  * **Zielsetzung**, also Wahl eines Zielortes oder einer Richtung mit unbekanntem Ziel 
 +  * **[[wiki:routenplanung|Routenplanung]]**, also eine gedachte Folge von Strecken und Richtungen ([[wiki:wayfinding_choremes|Wayfinding Choremes]]). 
 +  * **[[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]]**: [[wiki:gehen|Gang]], [[wiki:wandern|Wandern]], [[wiki:fahrt|Fahrt]], Ritt ... 
 +  * **[[wiki:wegfindung|Wegfindung]]**, also Entscheidungen, die Routenplanung und [[wiki:wahrnehmung|Wahrnehmung]] harmonisieren. 
 +  * **[[wiki:monitoring|Monitoring]]** und [[wiki:verirren|Verirren]]
  
-  * Dass die Sonne im Osten aufgehtist ein Gerücht, denn dort sieht man sie nur am 21März und am 23September. +  * ''BastenKai''\\ //Orte – Routen – Karten.\\ Aufbau, Struktur und Gebrauch von Ortsrepräsentationen in der Raumkognition.//\\ 115 S. Dissertation, Institut für Neurobiologie, Universität, Tübingen 2010. [[https://d-nb.info/100330933X/34|Online]] 
-  * Wer sich an diesen beiden Tagen am [[wiki:aequator|Äquator]] aufrecht hinstellt, wirft keinen Schatten, weil die Sonne absolut senkrecht über ihm steht. +  * ''Schmauks, Dagmar''\\ //Kognitive und semiotische Ressourcen für die Wegfindung.//\\ Kognitionswissenschaft 7 (1998) 124–128. [https://doi.org/10.1007/s001970050064|[Online]].\\ Die Autorin untersucht wie kognitive Ressourcen (Wissenund semiotische Ressourcen (Zeichenbei der Wegfindung interagieren. Dabei wird die Zeichenklassifikation von ''Peirce'' angewandt zur Analyse von Orts- und Richtungsangaben in rund 250 Wegbeschreibungen. 
-  * Und wer den Wendekreis des Steinbocks nach Süden hin überquert hat, wird die Sonne mittags immer im Norden sehen.  Weil ''Hanno'' »der Seefahrer« [vor 480 - 440 BC] diese Beobachtung in seinem //Periplus// [[https://www.livius.org/articles/person/hanno-1-the-navigator/hanno-1-the-navigator-2/|Online]] niederschrieb, hielt man ihn für einen Lügner, dabei ist es der Beweis, dass er tatsächlich Afrika umsegelte, mindestens aber bis zum //Golf von Guinea// kam. +  * ''SchmauksDagmar''\\ //Orientierung im Raum Zeichen für die Fortbewegung.//\\ 144 STübingen 2011Stauffenburg. 
-Sich am Sonnenstand zu orientieren, setzt also Erfahrung und [[wiki:wissen|Wissen]] voraus und an den meisten Tagen im Jahr auch noch Mathematik. Dies ergibt eine [[wiki:weltbild|Vorstellung]] (innere Karte), eine [[wiki:weg|Wegbeschreibung]] im Gespräch mit anderen und eine [[wiki:kartographie|Landkarte]], um das Wissen zu speichernEine besondere Rolle für alle Menschen erhält dabei der Osten als Richtung des SonnenaufgangsIn Europa kommen noch zwei besondere Perspektiven hinzu+  * ''SchmauksDagmar''\\ //Landkarten als synoptisches Medium.//\\ Zeitschrift für Semiotik 20.1-1 (1998) 244 (Aufsatzsammlung) 
-  * der Nordenweil dort die Sonne niemals steht, und weil es mit dem //Nordkap// einen eindeutig nördlichsten Ort gibt, der auf dem Landweg zu erreichen ist; +  * ''SchmauksDagmar''\\ //Orts- und Richtungsangaben in Wanderführern eine linguistische Analyse//\\  (= Universität des Saarlandes3) Saarbrücken 17 S.  
-  * der Westenweil es mit dem //Cap Finisterre// einen westlichsten Ort gibt, der auf dem Landweg zu erreichen ist, jedoch konkurriert dieser mit dem südwestlichsten, dem Cabo de São Vicente am Ponta de Sagres, und  Land’s End in Cornwalldem westlichsten Punkt Englands+  * ''SchmauksDagmar''\\ //Spuren und Wege Information und Täuschung im Kontext der Fortbewegung.//\\ (=Universität des Saarlandes, 26) Saarbrücken 1998, 16 S
-In diesen beiden Richtungen bilden diese Orte lange Zeit [[wiki:das_ende_der_welt|das Ende der Welt]]also werden Süden und Osten als entgegengesetze Richtungen zu Zielen der [[wiki:sehnsucht|Sehnsucht]]; werden [[wiki:das_bild_afrikas|Afrika]] und [[wiki:Das Bild des Orients|Orient]] zu Räumen der [[wiki:phantasie|Phantasie]], werden in der Vorstellung zu einem [[wiki:weites_land|weiten Land]] und bilden [[wiki:weisse_flecken|weiße Flecken]] auf [[wiki:kartographie|Landkarten]]Die ältesten T-O-Karten waren ebenso geostet wie die ältesten Kirchen und bei vielen Bestattungsformen  liegen oder blicken die Bestatten gen Osten. Wer also auf der Karte Orientierung oder in der Kirche Zuversicht und Erleuchtung suchte, blickte in den Orient: //[[wiki:ex oriente lux|ex oriente lux]]//.+
  
-Dass man an den Enden der [[wiki:welt|Welt]] jedoch festen Boden verließ, Segel setzte und losfuhr in die [[wiki:leere|Leere]], dem [[wiki:horror vacui|horror vacui]] entgegen, war eher nicht absehbar. +==== Richtung und Himmelsrichtungen ====
-  *  ''Callaghan, R., Scarre, C.''\\ Biscay and Beyond?\\ Prehistoric Voyaging between Two Finisterres.\\ Oxford Journal of Archaeology, 36 (2017) 355– 373. doi: 10.1111/ojoa.12119. +
  
-==== Verirren ==== +Außerhalb des vertrauten Raums ist zunächst alles fremd, alles wird [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]]. Eine gegliederte [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellung]] und damit Orientierung entsteht: 
-Man weiß immer, wo man ist - das Hier und Jetzt ist immer sicher. Wenn man sich jedoch »[[wiki:franz|verfranzt]]« hat, wird //Orientierung// zum Versuch herauszufinden, woher man kommt und wohin man will, also drei sichere Punkte zu erfassen, die eine klare Linie ergebenOrientierung ist damit der erste Schritt der [[wiki:Wegfindung|Wegfindung]] in der [[wiki:wildnis|Wildnis]] nach Merkmalen in der [[wiki:landschaft|Landschaft]].+  * Räumlich durch die Sonne und die eigene Position, alles Andere ist relativ dazu: vorne, hinten, links und rechts. 
 +  * Zeitlich in erster Linie durch den Sonnenaufgang. 
 +  * Die Fortbewegung (z. B. vorwärts, siehe -[[wiki:wärts|wärts]]) verbindet die eigene Position mit dem Ziel. 
 +Zur aufgehenden Sonne blickend ergibt sich zusammen mit dem Körper daraus eine Vorstellung von vier Himmelsrichtungen: 
 +  - Blickrichtung Sonnenaufgang (Morgen > Licht: ex oriente lux), 
 +  - rechts (Mittag),  
 +  - Rücken Sonnenuntergang (Abend),  
 +  - links (Mitternacht > dunkel). 
 +In den semitischen Sprachen bedeutete dasselbe Wort `Süd´ und `rechts´; im Jakutischen bedeutet //ilin// Ost und `Vorderseite´, //aryā// bedeutet West und `Rücken´, //una// bedeutet Süd und `rechts´ ((Sitzungsberichte der Finnischen Akademie der Wissenschaften 1962, S. 166)), ebenso bei den Tuareg: dat-akal 'vorne' > Osten, defter akal 'hinten' > Westen, tezalge 'links' > Norden, aghil 'rechts' > Süden  ([[https://en.wikipedia.org/wiki/Body_relative_direction|Body relative direction]]) . Die vier Hauptrichtungen (engl. cardinal directions) sind weltweit zu finden, werden jedoch oftmals ergänzt durch oben, unten und das Zentrum (die eigene Position); das indische System ordnet 10 Dikpalas den vier Hauptrichtungen, vier Nebenrichtungen, oben unten und Zentrum zu. Auf der Nordhalbkugel beginnen diese Ordnungen im Osten und schreiten im Uhrzeigersinn fort - das scheint jedoch bisher niemand systematisch vergleichend untersucht zu haben, obwohl körperbezogene Begriffe und Metaphernimmer wieder im Zusammenhang mit Raumvorstellungen und dem Weltbild erscheinen, etwa //Umbilicus mundi// 'Nabel der Welt' und //Caput mundi// 'Haupt der Welt'.
  
-Voraussetzung dafür ist eine »kognitive Karte«, also eine Vorstellung der Umgebung, ein geistiges Abbild der Pfade, Hügel, Wälder, Bäche, Bauwerke, deren räumliches Verhältnis zueinanderDie Fähigkeit dazu entwickeln Menschen gemeinhin erst ab etwa acht JahrenVerirren kann man sich auch in einer vertrauten Umgebungdenn ein Wald sieht nachts anders aus und Nebel nimmt alle OrientierungspunkteUrsachen des Verirrens sind +  * ''Alexandr Podosinov''\\ //Oben und unten. Begriffe der Raumorientierung in antiken Texten.//\\ In: KGeusMRathmann (Hg.): Vermessung der Oikumene. Mapping the Oecumene. Berlin 2013Walter de GruyterS5–23 
-  - der Mangel an Aufmerksamkeit, denn sonst könnte man ja den zurückgelegten Weg erinnern; +  ''KuglerHartmut''\\ //Himmelsrichtungen und Erdregionen auf mittelalterlichen Weltkarten.//\\ S. 175–199 inGlauserJürg; KieningChristian (Hg.): Text-Bild-Karte. Kartographie der VormoderneFreiburg i. Br. 2007: Rombach 
-  - das Bedürfnis, eine »Abkürzung« zu nehmen, also Pfade und [[wiki:weg|Wege]] zu verlassen; +  * ''Christian Julien Robin''\\ //À propos de Ymnt et Ymn: "nord" et "sud", "droite" et "gauche", dans les inscriptions de l'Arabie antique.//\\ S. 119-140 in: F. Briquel-Chatonnet, C. Fauveaud, I. Gajda (Hg.): Entre Carthage et l'Arabie heureuse. Mélanges offerts à François Bron, Paris 2013: De Boccard. (= Orient et Méditerranée, 12)
-  - die trügerische Annahmeden Weg zu kennen; +
-  - die Abnahme rationaler Entscheidungen; +
-  - die Zunahme von irrationalem Aktionismus, also Weiterlaufen bis zur Erschöpfung+
-Wanderer, die sich alleine verirren, werden fast zehnmal häufiger tot aufgefunden als verirrte Gruppen. Dass eine gewisse Vorbereitung hilfreich sein kann zeigt sich schon in der griechischen Mythologie als ''Ariadne'' dem ''Theseus'' ein Wollknäuel mitgabdamit er am »Faden der Ariadne« den Weg aus dem Labyrinth herausfinden konnte. Die [[wiki:breadcrumb_trail|Brotkrümelspur]] von ''Hänsel und Gretel'' zeigt, dass die [[wiki:gefahr|Gefahr]] den Kindern zwar bewusst warallerdings war die Umsetzung weniger erfolgreich. Wenn Vertrautes fremd erscheint und Wahrnehmungen täuschenist der Irrwisch am Werk und auch das Licht der Hoffnung wird dann zum Irrlicht+
-  * ''Kathrin Passig, Aleks Scholz''\\ //VerirrenEine Anleitung für Anfänger und Fortgeschrittene//\\ Rowohlt Berlin 2010, 268 S.+
  
-==== Wegzeiger ==== +In der nordischen Mythologie personifizieren die vier Erdzwerge Norðri, Suðri, Austri und Vestri diese Himmelsrichtungen und stützen derart angeordnet den Himmel (( Lieder-Edda: Völuspá 11; Prosa-Edda: Gylfaginning 8 und 14; Skáldskaparmál 23; Þulur III 40)). Als Himmelsrichtungen verbinden sie sich mit [[wiki:weg|Wegen]] und werden zu [[wiki:routen|Routen]], die in bestimmte Weltgegenden führen wie //vestri leið////eystri leið// und der [[wiki:transkontinentale|transkontinentale]] [[wiki:Austrwegr|Austrwegr ]] durch die Kiewer Rus bis zum Schwarzen Meer (Byzanz) und Kaspischem Meer (Daylam), siehe [[https://en.wikipedia.org/wiki/Viking_expansion#/media/File:Viking_Expansion.svg|Karte]]. Vom Weg entlang der Küste nach Nordendem //norðrvegr//, lieh das Land Norwegen seinen Namen. Heute bezeichnen auch alle romanischen Sprachen die Himmelsrichtungen mit den ursprünglich nordgermanischen BezeichnungenEin Zusammenhang mit Farben ist nicht festzustellen, existiert jedoch im asiatischen Raum (chinesisch, tibetisch, indisch).
-Karten und [[wiki:kartographie|Kartographie]] helfen nur demder rational vorgehen kannKompass und Höhenmesser liefern dafür AnhaltspunkteMobile phones helfen nursolange die Batterie arbeitetAußerhalb der Funkzellen hilft nur noch ein Satellitentelefon.+
  
-Mit den heutigen //All-Inclusive-Reisen// hat unsere Kultur die bislang oberste Sprosse unselbständiger Reisen betreten. Wer so weit über der [[wiki:welt|Welt]] angelangt isthat weder Boden unter den Füßen noch einen Blick fürs Detail. Langsam hinabsteigend finden wir die einfache Pauschalreise, die Studienreisedas Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, schließlich das individuelle Reisen mit Reiseführer und LandkarteUnd dortknapp über dem Bodenfinden wir noch eine unscheinbare, unbeachtete Sprosse: den Wegzeiger am Straßenrand – die erste technisierte Form des geführten Reisens. +Die Nützlichkeit, mit Himmelsrichtungen die [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]] im Raum zu beschreibenunterliegt jedoch geographischen Bedingungen - die Sichtweise hängt dann vom Standpunkt ab und bestimmt die Begriffe ((''SpenglerOswald''\\ //Reden und Aufsätze.// München 1937: C. H. BeckS. 171-174)). Vier Himmelsrichtungen sind sinnvoll im Zentrum eines ausgedehnten Festlandesdenn am Rande und mit dem Meer im Rücken genügen drei Himmelsrichtungen für die Orientierung auf dem Land. In Ägypen gab es zwei Hauptrichtungen aufwärts und abwärts entlang des Nils, ebenso auf der Vulkaninsel Hawaii für hinauf und hinabZentren und Richtungen als Orientierungsachsen bei den Makassar auf Sulawesi im malaiischen Archipel dienen gleichermaßen zur Orientierung im Haus, in der Landschaft und im Makrokosmos ((''Rössler, Martin''\\ //Landkonflikt und politische RäumlichkeitDie Lokalisierung von Identität und Widerstand in der nationalen Krise Indonesiens.//\\ InBrigitta Hauser-Schäublin und Michael Dickhardt (Hg.): Kulturelle Räume – räumliche Kultur. Zur Neubestimmung des Verhältnisses zweier fundamentaler Kategorien menschlicher Praxis, S. 171–220. Münster 2003: Lithier S. 189–191)).
-  Martin Scharfe +
-  Wegzeiger +
-  Zur Kulturgeschichte des Verirrens und Wegfindens +
-  MarburgJonas 199813x21 cm112 S., 65 Abb.+
  
-Der Wegzeiger in seiner frühesten Gestalt mag nichts anderes als ein Pfeil gewesen sein, angebunden an einen Stamm, der allen Nachfolgenden kundtat: “Du bist richtigHier geht’s lang!” Erleichternd ist solche Bestätigung noch heute den einsamen und müden Wanderern in den Bergen – drunten im Tal haben [[wiki:strasse|Straßen]] die Funktion des Wegzeigers verinnerlichtÄlter noch als der Zeiger ist der [[wiki:steinmann|Steinmann]] als Orientierungshilfe.+  * ''Christoph Winter''\\ //Kompass der NordfriesenSprachliche Kodierung absoluter Orientierung am Beispiel der Himmelsrichtungen und Richtungspartikeln im Nordfriesischen.//\\ Diss. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. (=Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beihefte, 194) 559 S. 39+52 Ill. Stuttgart 2023Franz Steiner.
  
-Das vorliegende Büchlein aber verläßt schnell die technische Geschichte des Wegzeigers. Der Autor bewegt sich tastend (ohne Wegzeiger) in unerschlossene Gebiete: Die äußere Form des Richtungspfeils als Spiegel der kulturellen Entwicklung? Der Pfeil als Archetypus von ''C.G. Jung''?+==== Himmelsrichtungen nach den Winden ====
  
-Natürlich: Der Wegzeiger wird aufgestelltweil ein allgemeines Bedürfnis besteht, sich zu orientieren. Orientierungslos laufen wir [[wiki:gefahr|Gefahr]] uns zu verirren und zu verlieren – eine archaische [[wiki:angst|Angst]] wird besiegt durch den [[wiki:glaube|Glauben]] an den einsamen Pfeil, durch [[wiki:vertrauen|Vertrauen]] an eine vorgegebene RichtungAllerdings setzt das vorausdaß der Suchende mit jenendie den Wegzeiger aufstellendie gleichen Werte teilt: nämlich möglichst schnell und einfach zu einem Ziel zu kommenUmwege zu vermeiden.+Die seefahrenden Völker im Mediterraneum entwickelten dagegen die Windrose mit insgesamt 8 (12 oder 16) Haupt- und Nebenrichtungendie durch den Namen typischer Winde bezeichnet wurde ((siehe [[https://de.wikipedia.org/wiki/Windrose|Windrose]] in Wikipedia))''Karl der Große'' (747 bis 814) führte für sein ausgedehntes Reich das lateinische und das germanische System zusammen ((//Einhardi vita Caroli Magni//29: »tem venos duodecim propriis appellationibus insignivit; cum prius non amplius quam vix quattuor ventorum vocabula possent inveniri.\\ Ventis vero hoc modo nomina imposuitut Subsolanum vocaret OstronivintEurum Ostsundroni, Euroaustrum Sundostroni, Austrum SundroniAustroafricum Sundwestroni, Africum Westsundroni, Zefyrum Westroni, Chorum Westnordroni, Circium Nordwestroni, Septemtrionem Nordroni, Aquilonem Nordostroni, Vulturnum Ostnordroni.«)):
  
-''Martin Scharfe'' hat zahlreiche Details und hübsche Illustrationen gesammelt, er erzählt eher kursiv als dozierend und verfällt dennoch manchmal in einen etwas akademischen Stil. Ein Buch, dem ich viele Leser wünsche.+^ PIE ((Proto-Indo-Europäische Wurzel)) ^ ^ Heute ^Griech^ Latein ^ Germanisch ^ Windrose ^ Arabisch ^ Indisch ((Lokpala: Himmelsrichtung)) ^ 
 +| *aus-\\ leuchten ^ O | Ost | Apheliótes\\ ἀφηλιώτης | Subsolanum | Ostronivint| Levante | شرق Ash\\ Sharq | Indra:\\ pūrva | 
 +| | SO | Ost-Süd | Eurus εὖρος |Eurus | Ostsundroni| |  | | 
 +| | SSO | Süd-Ost | Euronotos\\ εὐρόνοtος |Euroaustrus | Sundostroni| Scirocco |  |Agni:\\ āgneya | 
 +| *sunþaz\\ Sonne ^ S | Süd | Nótos νόtος | Austrus | Sundroni| Ostro | جنوب Al\\ Janoob | Yama:\\ dakṣiṇa | 
 +| | SSW | Süd-West | Libonotos\\ λιβόνοtος |Austro-\\ africus | Sundwestroni| Libeccio |  | Nirriti:\\ nairṛta | 
 +| | SW | West-Süd | Lips λίψ | Africus | Westsundroni| |  | | 
 +| *wes-pero\\ Nacht ^ W | West | Zephyros ζέφυρος | Favonius| Westroni| Ponente | غرب Al\\ Gharb | Varuna:\\ paścima | 
 +| | NW | West-Nord | Iapyx ἰαπύξ | Corus | Westnordroni| Maestro |  | | 
 +| | NNW | Nord-West | Thrakias θρακίας | Circius | Nordwestroni| |  | Vayu: vāyana | 
 +| *ner-\\ links ^ N| Nord | Aparktías\\ ἀπαρκίας| Septem-\\ trionem | Nordroni| Tramontana | شمال Ash\\ Shamal | Kubera:\\ uttara | 
 +| | NNO | Nord-Ost | Boréas βoρέας | Aquilonem | Nordostroni| Greco |  | Ishana:\\ aiśāna | 
 +| | NO | Ost-Nord | Caecias καικίας | Vulturnus | Ostnordroni|  | |
  
-==== Die Geschichte der Orientierung ====+==== Himmelsrichtungen nach dem Stand der Sonne ==== 
 + 
 +^ Sprache ^ Osten ^ Westen ^ Norden ^ Süden ^ 
 +^ biblisch | mizrakh\\ vorn| yam\\ Meer| s'mol\\ links| yamin\\ rechts |  
 +^ hebräisch | mizrakh | ma"arav | tsafon | darom |  
 +^ altgriech.| Anatole ἀνατολή | Dysis δύσις |  ἄρκτος árktos | Mesembria μεσημβρία |  
 +^ latein | oriens| occidens | septentrion | meridies |  
 +^ rumänisch | răsărit | apus| miazănoapte | miazăzi |  
 +^ russisch | ост | вест | норд | зюйд |  
 +^ serbisch | istok | zapad | sever | jug |  
 +^ ukrainisch | схід s'hid | захід zahid | північ pivnich | південь pivden |  
 +^ ungarisch | kelet | nyugat | észak | dél |  
 +^ bretonisch | reter | kornog | hanternoz | kreisteiz |  
 +^ lettisch | austrumi | rietumi | ziemeļi | dienvidi |  
 +^ litauisch | rytai | vakarai | šiaurė| pietūs |  
 +^ baskisch | ekialdea | mendebaldea | iparraldea | hegoaldea |  
 +==== Europäische Richtungen ==== 
 +[[wiki:europa|Europa]] hat von allen Kontinenten den größten Küstenanteil im Verhältnis zur Fläche und ist daher durch seine großen Flüsse gegliedert, die im Großen und Ganzen den Himmelsrichtungen und den [[wiki:ozeane|Meeren]] entsprechen, in die sie fließen: 
 +  * nach Osten fließen die Donau ins Schwarze Meer und der Po in die Adria; 
 +  * nach Süden fließen die Rhone ins Mittelmeer sowie Don und Dnjepr ins Schwarze Meer; 
 +  * nach Westen fließen die Loire und die meisten iberischen Flüsse außer dem Ebro;  
 +  * nach Norden fließen alle Flüsse zwischen Dwina (Russland) und Seine (Frankreich) und münden ins Polarmeer, in die Ostsee und in die Nordsee. 
 +    * ''Prideaux, Bruce'' & ''Cooper, Malcom'' (Hg.)\\ //River tourism.//\\ Wallingford 2009: CABI 
 +    * ''Rhoden, Steven'', Kaaristo, Maarja\\ //Liquidness: Conceptualising Water Within Boating Tourism.//\\ Annals of Tourism Research, 81 (2020) [[https://doi.org/10.1016/j.annals.2019.102854|DOI]]  
 +    * ''Vallerani Francesco'', ''Visentin Francesco'' (Hg.)\\ //Waterways and the cultural landscape.//\\ London 2018: Routledge. 
 +    * ''Kaaristo, Maarja'', ''Rhoden, Steven''\\ //Everyday Life and Water Tourism Mobilities: Mundane Aspects of Canal Travel.//\\ Tourism Geographies, 19.1 (2017) 78-95. 
 + 
 +Migrationen, die den Flüssen folgen, folgen in Europa daher auch den Himmelsrichtungen. Auf lange Sicht gesehen, führten dabei zwei Richtungen in Sackgassen: 
 +  * in den Norden, weil es mit dem //Nordkap// einen eindeutig nördlichsten Ort gibt; 
 +  * in den Westen, weil es mit dem //Cap Finisterre// einen westlichsten Ort gibt, der auf dem Landweg zu erreichen ist, vergleichbar mit dem südwestlichsten, dem Cabo de São Vicente am Ponta de Sagres, und  Land’s End in Cornwall, dem westlichsten Punkt Englands. 
 +  * ''Callaghan, R., Scarre, C.''\\ //Biscay and Beyond? Prehistoric Voyaging between two Finisterres.//\\ Oxford Journal of Archaeology, 36 (2017) 355–373 [[https://doi.org/10.1111/ojoa.12119|DOI]] 
 +  * ''P. Nymoen''\\ //Boats for Rivers and Mountains. Sources for New Narratives about River Travel?//\\ The International Journal of Nautical Archaeology 37 (2008) 3–16. 
 +  * ''Simon Schama''\\ //Der Traum von der Wildnis. Natur als Imagination//.\\ 704 S. München 1996: Kindler. [[http://bvbr.bib-bvb.de:8991/exlibris/aleph/a23_1/apache_media/QEFH8LQPP4SUVD4M7Q5DFAKHRMHEX6.pdf |Inhalt]].\\ Im Vorwort Gedanken über die Rolle von Flüssen in der europäischen [[wiki:expansion|Expansion]]. 
 +Dass man an den Enden der [[wiki:welt|Welt]] jedoch festen Boden verließ, Segel setzte und losfuhr in die [[wiki:leere|Leere]], dem [[wiki:horror vacui|horror vacui]] entgegen, war eher nicht absehbar. Manchmal ist eben etwas Druck nötig. ''Erik der Rote'' musste Norwegen und Island verlassen wegen seiner Morde, fuhr also dorthin, wo ihn niemand kannte. 
 + 
 +  * ''Freud, Sigmund''\\ //„Unser Herz zeigt nach dem Süden“. Reisebriefe 1895-1923.//\\ Herausgegeben von Christfried Tögel unter Mitarbeit von Michael Molnar. 422 S. Ill., Kt. Bibl. S. 399 - 408 Berlin 2002: Aufbau 
 +  * ''Hormuth, Dennis'', ''Maike Schmidt''\\ //Norden und Nördlichkeit: Darstellungen vom Eigenen und Fremden.//\\ 219 S. (=Imaginatio borealis, 21) Frankfurt am Main 2010: Lang. 
 +  * ''Dieter Richter''\\ //Der Süden. Geschichte einer Himmelsrichtung.//\\ 218 S. Literaturverz. S. 209-213 Berlin 2009: Wagenbach. 
 + 
 +Während im Norden und Westen lange Zeit nur das [[wiki:das_ende_der_welt|das Ende der Welt]] zu finden war, wurden Süden und Osten zu Zielen der [[wiki:sehnsucht|Sehnsucht]]; wurden [[wiki:das_bild_afrikas|Afrika]] und [[wiki:Das Bild des Orients|Orient]] zu Räumen der [[wiki:phantasie|Phantasie]], wurden in der Vorstellung zu einem [[wiki:weites_land|weiten Land]] und bildeten [[wiki:weisse_flecken|weiße Flecken]] in Vorstellungen und auf [[wiki:kartographie|Landkarten]].\\  
 +Die ältesten T-O-Karten waren ebenso geostet wie die ältesten Kirchen und bei vielen Bestattungsformen liegen oder blicken die Bestatten gen Osten. Wer also auf der Karte Orientierung oder in der Kirche Zuversicht und Erleuchtung suchte, blickte in den Orient - //[[wiki:ex oriente lux|ex oriente lux]]// - doch dass die Sonne im Osten aufgeht, ist ein Gerücht, denn dort sieht man sie nur am 21. März und am 23. September. 
 + 
 +Wer sich an diesen beiden Tagen am [[wiki:aequator|Äquator]] aufrecht hinstellt, wirft keinen Schatten, weil die Sonne absolut senkrecht über ihm steht. Und wer den Wendekreis des Steinbocks nach Süden hin überquert hat, wird die Sonne mittags immer im Norden sehen.  Weil ''Hanno'' »der Seefahrer« [vor 480 - 440 BC] diese Beobachtung in seinem //Periplus// [[https://www.livius.org/articles/person/hanno-1-the-navigator/hanno-1-the-navigator-2/|Online]] niederschrieb, hielt man ihn für einen Lügner, dabei ist es der Beweis, dass er tatsächlich Afrika umsegelte, mindestens aber bis zum //Golf von Guinea// kam.\\  
 +Sich am Sonnenstand zu orientieren, setzt also Erfahrung und [[wiki:wissen|Wissen]] voraus und an den meisten Tagen im Jahr auch noch Mathematik. Dies ergibt eine [[wiki:weltbild|Vorstellung]] (innere Karte), eine [[wiki:weg|Wegbeschreibung]] im Gespräch mit anderen und eine [[wiki:kartographie|Landkarte]], um das Wissen zu speichern. 
 + 
 +Dass Karten nicht mehr geostet wurden wurden ist der Kompassnadel zu verdanken, die sich in Nord-Süd-Richtung  ausrichtet. Daher wurden in China und im arabischen Raum die Karten gesüded, in Europa genorded. In [[wiki:europa|Europa]] nutzte man die Kompassnadel etwa ab 1200. Zum Ende des [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhunderts]] kombinierte man die bereits lange bekannte Windrose mit dem Kompass. Dadurch wurden die Segelanweisungen nicht mehr in Textform ([[wiki:periplus|Periplus]], Portolan) sondern als Portolankarte mit Richtungsnetzen gespeichert. Die Konvention Karten zu norden, setzte sich langsam bis zum [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 17. Jahrhundert|17. Jahrhundert]] durch. 
 + 
 +==== Orientierung & Vermessung ====
 Die Notwendigkeit sich in der Natur orientieren zu müssen führte unter anderem Die Notwendigkeit sich in der Natur orientieren zu müssen führte unter anderem
 +  * über die Beobachtung der Natur zur Geographie
   * über das Orientieren am Stand von Sonne, Mond und Sternen zur Astronomie;   * über das Orientieren am Stand von Sonne, Mond und Sternen zur Astronomie;
-  * über das Messen von Flächen, Längen und Richtungen zur Vermessung;+  * über das Messen von Punkten, Flächen, Längen und Richtungen zur Vermessung;
   * über das systematische Speichern der erfassten Informationen zur [[wiki:kartographie|Kartographie]].   * über das systematische Speichern der erfassten Informationen zur [[wiki:kartographie|Kartographie]].
-[[wiki:stab#Der Stab als Werkzeug der Informationstechnik|Meßstab und Meßseil]] als älteste technische Hilfsmittel des Vermessers ermöglichen das Bestimmen +Ausgehend von [[wiki:stab#Der Stab als Werkzeug der Informationstechnik|Meßstab und Meßseil]] als ältesten technischen Hilfsmitteln des Vermessers bestimmte man 
-  * von Himmelsrichtungen mittels //Indischem Kreis//, +  * Himmelsrichtungen mittels //[[https://de.wikipedia.org/wiki/Indischer_Kreis|Indischem Kreis]]// > Kompass
-  * von Breitengraden mittels Schattenlänge,  +  * Breitengraden mittels Schattenlänge ([[https://de.wikipedia.org/wiki/Gnomon|Gnomon]]) > [[https://de.wikipedia.org/wiki/Jakobsstab|Jakobsstab]] > [[ https://archive.org/details/voyagesandworks00wriggoog/page/n458|Davis-Quadrant]] > [[https://de.wikipedia.org/wiki/Quadrant_(Astronomie)|Quadrant]] > [[https://de.wikipedia.org/wiki/Sextant|Sextant]],  
-  * von rechten Winkel mittels //Ägyptischem Dreieck//+  * rechte Winkeln mittels Messseil ((gr. stremma ' Seil' und Flächeneinheit; sanskrit Çulva 'Seil' und Linie (Çulva sutra : Vorschriften zur Seilspannung > Vermessung); sumer. tim 'Seil' und Linie; ägypt. tm 'rechter Winkel':\\ ''Cantor, Moritz''\\ //Über die älteste indische Mathematik.//\\ Archiv der Mathematik und Physik. 3.8 (1905) 63-72.)), [[https://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lfknotenschnur|12-Knoten-Schnur]] > //[[https://doi.org/10.1007/978-3-322-90913-8_2|Ägyptisches Dreieck]]//
-Die dazu nötigen mathematischen Fähigkeiten machen den Landvermesser auch zum Kundschafter und zum Geographen bei der Erkundung neuer [[wiki:landschaft|Landschaften]]: Aufgaben, wie sie später die [[wiki:bematisten|Bematisten]] von ''Alexander dem Großen'' wahrnahmen. Diese waren Kundschafter und [[wiki:bote|Boten]], Vermesser und Schreibersowie hervorragende Läufer. In den sumerischen Stadtstaaten trugen Herrscher und Stadt[[wiki:reisegoetter|götter]] wie ''Marduk'' als Symbol [[wiki:stab|Stab]] und Seilring und zeigen damit die Macht des [[wiki:wissen|Wissens]].+  * Entfernungen mit dem [[https://www.didaktik.mathematik.uni-wuerzburg.de/history/pantometrum/funktionsweise.html|Pantometrum]] > [[wiki:hodometer|Hodometer]], 
 +  * Tiefen mit dem Lot, 
 +  * Zeit etwa mittels [[https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Zeitmessger%C3%A4te|Sonnenuhr oder Sanduhr]]. 
 +  * → Ausstellungsliste [[wiki:ausstellungsliste_schiff_meer#Navigation|Schiff & Meer]] 
 +Die dazu nötigen Fähigkeiten verbanden Landvermesser mit Kundschaftern und Geographen bei der Erkundung neuer [[wiki:landschaft|Landschaften]]. Die [[wiki:bematisten|Bematisten]] von ''Alexander dem Großen'' waren Kundschafter und [[wiki:bote|Boten]], Vermesser und Schreiber sowie hervorragende Läufer.\\ Die Technik der Landvermessung ([[https://de.wikipedia.org/wiki/Harpedonapten|Harpedonapten]] in Ägypten ) entstand mit Ackerbau und Sesshaftigkeit als es nötig wurde, fruchtbaren Boden zu verteilen. Vom Raum des fruchtbaren Halbmonds zwischen Persischem Golf bis zum nördlichen Ägypten erfordert Ackerbau meist künstliche Bewässerung. Die begrenzten Landflächen entlang der Flüsse zu verteilen erforderte Wissen und Technik und verhalf diesen damit zur Macht über andere. Fruchtbare Ackerflächen bedeuteten Nahrung und damit Leben. 
 +  * Das Abmessen und Zuteilen unerschlossener Landflächen (tap-tû-ú, taptû `Neubruchland´) ((''Spar, Ira'', ''Eva von Dassow'', ''Wilfred G. Lambert''\\ //Cuneiform Texts in the Metropolitan Museum of Art: Private archive texts from the first millennium BC.//\\ Vol. 3. Metropolitan museum of art, 1988, S. 21.\\ ''Wunsch, Cornelia''\\ //Das Egibi-Archiv. I. Die Felder und Gärten.//\\ Cuneiform Monographs, 20. xxxii, 305 S. Groningen 2000: Sytx. )) war im Zweistromland bis etwa 1200 BC gleichbedeutend mit Macht und göttlichen Kräften; danach war das fruchtbare Land verteilt. Das Werkzeug des Feldmessers [[wiki:stab#Der Stab als Werkzeug der Informationstechnik|Stab und Seil]], kippatu und hattu - war Attribut der ältesten Stadtgötter (z.B. Bel-Marduk in Babylon) und zeigte damit die Macht des [[wiki:wissen|Wissens]]
 +    * Möglicherweise von //taptû// abgeleitet ist der griechische Begriff τόπος [[wiki:liste_raumvorstellungen#Die Fläche: locus & topos|topos]] `Fläche´. Für einen solchen Zusammenhang sprechen abgeleitete griechische Begriffe wie //τοπάζω// `hinzielen´ und //τοπεῖον// `Tau, Seil´. 
 +  * Die ägyptische Hieroglyphe //ankh// steht für die drei Konsonanten Ꜥ-n-ḫ ((mit Ꜥ als stimmhaftem pharyngalem Frikativ (k-ch), n wie das n im Deutschen und ḫ als stimmlosen oder stimmhaften velaren Frikativ, ein Laut zwischen g, r und ch )). Diese Buchstabenkombination erscheint in den Begriffen für Nahrung, lebensspendend, gesund ((''Allen, James P.''\\ //Middle Egyptian: An Introduction to the Language and Culture of Hieroglyphs//.\\ 2014 Cambridge University Press.)) sowie für einen aufgerollten Seilring (um 2050–1650 BC) ((''Gardiner, Alan''\\ //Life and Death (Egyptian).//\\ S. 20 in: Hastings, James (Hg.): The Encyclopedia of Religion and Ethics. Vol. VIII 1915.)) Die ältesten Darstellungen des ankh-Zeichens finden sich zwischen dem 30. und 29. Jahrhundert BC in der ersten Dynastie; es wird ebenso getragen wie im Zweistromland. 
 +    * Möglicherweise von //ankh// abgeleitet ist das berberische //[[wiki:tasagalt|tasagalt]]//, das auch als Mittel zur Orientierung gedeutet wird.
  
 +  * ''Hoskin, M.'', ''Hochsieder, P.'', ''Knösel, D.''\\ //The Orientations of the Taulas of Menorca (2): The Remaining Taulas.//\\ Journal for the History of Astronomy, 21.15 (1990) S37–S48. [[https://doi.org/10.1177/002182869002101504|DOI]] 
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 +  * ''Manfred Krebernik''\\ //Zu den georgischen Bezeichnungen der Himmelsrichtungen//.\\ In: Georgic, 24 (2001) 74-76 [[https://doi.org/10.11588/propylaeumdok.00001347 |DOI]].\\ Verweist auf die besondere Bedeutung des `Südens´, etymologisch abgeleitet von `zur Seite neigen´  ebenso wie im Arabischen, also den höchsten Stand der Sonne überschritten im Sinne von Mittag > Mitte des Tages
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 +  * derselbe: //Die sakrale Orientierung nach Himmelsrichtungen im alten Griechenland.//\\ In: Acta antiqua Academiae scientiarum Hungaricae. XXXIII. Budapest, 1990–1992. S. 323–330
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