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Bosporus

Die Meerenge trennt Europa und Asien, dabei vergrößert sich der Abstand um etwa zwei Zentimeter pro Jahr durch die Kontinentaldrift. Als Wasserstraße verbindet sie das Mittelmeer – genauer dessen Randmeer Ägäis – mit dem Schwarzen Meer. Der Bosporus im engeren Sinne ist 30 Kilometer lang, seine Breite schwankt zwischen 700 und 2.500 Metern. Im weiteren Sinne besteht diese Wasserstraße aus den Dardanellen (=Helles-Pont), dem Marmarameer (=Propontis) und dem Bosporus-Kanal.

Im Bosporus fließt eine starke Oberströmung in die Ägäis, die Unterströmung fließt in umgekehrter Richtung. Zudem bläst im späten Frühjahr und im Sommer der Wind besonders stark aus Nordost. Dies erschwerte in der Antike die Schifffahrt ins Schwarze Meer erheblich. Erst im 7. Jahrhundert BC war es mit griechischen Fünfzigruderern (Pentekonteren) regelmäßig möglich, gegen Strömung und Wind die Meerenge zu passieren. Vermutlich speichert die Argonauten-Sage, also Iasons Fahrt mit der Argo, die Erinnerung an diese Leistung. Eine solche Fahrt beschreibt im zweiten Jahrhundert nach Christus Dionysios von Byzantion 1).

Zum Mittelmeer hin ragt das Goldene Horn (auch: Bosporionspitze bei Dionysios von Byzantion, Chrysokeras, lateinisch bracchium Sancti Georgii im Mittelalter) von europäischer Seite ins Meer und bietet einen natürlichen Hafen. An der Spitze, auf drei Seiten vom Meer umgeben, wurde 660 BC Byzantoin gegründet (Byzanz; benannt nach dem Gründer). 324 nach Christus entstand am Südufer Konstantinopel, weil der erste christliche römische Kaiser Konstantin dort das zweite Rom gründen wollte. 330 nach Christus wurde es dann zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches. Der Reisende Johannes Schiltberger berichtete 1426, die Stadt würde umgangssprachlich Istimboli (griechisch) bzw. Stambol (türkisch) genannt. Zurückgeführt wird dieser Name auf griechisches stin poli(n), also „in der Stadt“.

Diese Stelle bildete das Nadelöhr für Reisen und Verkehr zwischen Europa und Asien. Bis ins 20. Jahrhundert gab es keine Brücke, jedoch wurden zwei (Schiffs-)Brücken vorübergehend eingerichtet:

  1. 513 BC von dem persischen König Dareios anlässlich eines Feldzuges gegen die Skythen. 2) Manche vermuten den Standort zwischen Anadolu Hisarı und Rumeli Hisarı. 3)
  2. 641 n. Chr. für Kaiser Herakleios, eine vielleicht nur anekdotische Nachricht

Die persische Königsstraße führte nach Sardes und Ephesus, weit südlich vom Bosporus. Als Schlüsselstelle der Pilgerroute ins Heilige Land 4) wurde der Übergang erst im spätrömischen Kaiserreich bedeutend, verstärkt durch die Verlegung der Hauptstadt hierher. Zuvor müssen die beiden Häfen von Chalkedon (türk. Kadıköy) jedoch bedeutender gewesen sein, denn Calcedonia wird in der einzigen erhaltenen antiken Karte genannt 5), in den ältesten Itinerarien namentlich als Ziel angegeben: »Calcedonia, traiectus in Bithinia« 6), während im Itinerarium Burdigalense 7) das neu gegründete Konstantinopel weniger beachtet wird als der Übergangshafen. 8)

Der Name Bosporos wurzelt in den altgriechischen Worten βοῦς boũs ‚Rind, Ochse‘ und πόρος póros ‚Weg, Furt‘ und entspräche dem deutschen Ortsnamen `Ochsenfurt´. Zweifel daran sind angebracht, weil der tiefe und stark strömende Kanal eben keine Furt hat und dort, wo die Ufer flach sind und die Strömung etwas geringer, rund 2.500 Meter breit ist. Georgacas (1971) hat die geographischen und geologischen Verhältnisse sehr genau untersucht und etymologisch begründet zurückgeführt auf einen Gewässernamen `enger Weg > Kanal´. Dafür spricht, dass der Wasserweg bezeichnet wird, nicht der Ort am Hafen.

Literatur

  • Klaus Belke
    Tore nach Kleinasien: die Konstantinopel gegenüberliegenden Häfen Chalkedon, Chrysopolis, Hiereia und Eutropiu Limen.
    S. 161–171 in: Falko Daim (Hg.): Die byzantinischen Häfen Konstantinopels. 203 S. Bibliogr. S. 173–200. Mainz 2017: Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums. Online
    Zitiert zahlreiche historische Belege für die Nutzung der Häfen als Knotenpunkt des Verkehrs in der Antike und im Mittelalter (insbesondere wird die Bedeutung von Chalkedon für Reisende hervorgehoben) und untersucht den archäologischen Befund.
  • Berckenhagen, E.
    Vom goldenen Horn zu Dardanellen und Bosporus: drei neuerworbene Konstantinopel- Pläne.
    Deutsches Schiffahrtsarchiv 21 (1998) 313-326. Online
  • Demetrius J. Georgacas
    The Waterway of Hellespont and Bosporus: the origin of the names and early Gr. haplology.
    Names 19.2 (1971) 65–152 Online
  • Rodolphe Guilland
    La chaîne de la Corne d’Or.
    EEBS Ἐπετηρὶς Ἑταιρείας Βυζαντινῶν Σπουδῶν 25 (1955) 88-120.
    99,104: on λιμήν Вοσπόριος, τό Вοσπόριον, λ. Προσϕόριος, Προσϕόριον.
    • Vian, F.
      Review of The Waterway of Hellespont and Bosporus : the Origin of the Names and Early Greek Haplology
      tiré à part de Names, vol. 19, by D. J. Georgacas. Revue Des Études Grecques, 88 (1975) 419/423, 264–264. Online
  • A. Merz
    Die Strömungen des Bosporus.
    S. 277–295 in: Bibliothek Geographischer Handbücher, N.F., Festband Albrecht Penck. Stuttgart 1918: J. Engelhorn.
  • A. Merz
    Die Strömungen von Bosporus und Dardanellen.
    Verhandlungen des 20. Deutschen Geographischen Tages Juni 1921, dritte Sitzung, S. 107–112.
  • Alexander John Graham
    The Date of the Greek Penetration of the Black Sea.
    In: Bulletin of the Institute of Classical Studies BICS 5 (1958) 25–42
  • Labaree, Benjamin W.
    How the Greeks Sailed into the Black Sea.
    American Journal of Archaeology 61 (1957) 29–33. DOI
  • Alexandr Podosinov
    Pantikapaeum/Bosporus.
    In: Ibidem. URL In: Encyclopaedia of the Hellenic World, Black Sea. 2007 Online
  • Alexandr Podosinov
    Sea Straits in the Ancient World Picture: Their Meaning and Functions.
    S. 3–6 in: The Bosporus: Gateway between the Ancient West and East (1st Millenium BC–5th Century AD). Proceedings of the Forth International Congres on Black Sea Antiquities. Istanbul, 14th–18th September 2009 / Ed. by G. Tsetskhladze, S. Atasoy, A. Avram, Ş. Dönner, J. Hargrave. BAR, Oxford 2013.
  • Alexandr Podosinov
    Verbindung zwischen dem Schwarzen Meer und der Adriatik durch Ozean und/oder Donau im Weltbild der archaischen Griechen.
    S. 125–130 in: The Danubian Lands between the Black, Aegean and Adriatic Seas (7th Century BC–10th Century AD). Proceedings of the Fifth International Congress on Black Sea Antiquities (Belgrade 17-21 September 2013). Ed. by G. R. Tsetskhladze, A. Avram, J. Hargrave (BAR International Series). Oxford 2015, Archaeopress.
  • Gocha R. Tsetskhladze
    Greek Penetration of the Black Sea: Twenty Years On.
    In: Manōledakēs Manolēs Gocha R Tsetskhladze, I. K Xydopoulos: Essays on the Archaeology and Ancient History of the Black Sea Littoral. XXII, 560 S. Ill., Karten. Leuven 2018: Peeters.
  • Antoine Ignace Anthoine de Saint-Joseph
    Historischer Versuch über den Handel und die Schiffahrt auf dem Schwarzen Meere oder Reisen und Unternehmungen, um Schiffahrts- und Handels-Verbindungen zwischen den Häven des Schwarzen Meeres und denen des Mittelländischen Meeres zu begründen.
    Aus dem Französischen. XVXI, 184, XII, 200, IV, 52, XII, 111 Seiten. Weimar 1805: Landes-Industrie-Comptoir. Online Enth. außerdem:
    • Tagebuch einer Reise nach Sina und in die Tatarei / Samuel Holmes [=The Journal of Mr. Samuel Holmes during his attendance as one of the guards of Lord Macartney's embassy to China and Tartary <dt.>].
    • Nachrichten von den Azorischen Inseln, besonders von der Insel Fayal / Johann G. Hebbe.
    • Briefe aus Aegypten / [Charles Doyle]
1)
Dionysii Byzantii
Anaplus Bospori = Dionysiu Bygantiu Anaplus Bosporu Anaplus Bospori. Una cum scholiis X saeculi. R. Güngerich (Hg.) XLIV, 45 S. Berlin 1958: Weidmann Nachdruck [Una cum scholiis 10 saeculi altera ex ed. anni 1927 lucis ope expressa].
2)
Herodot IV 85, 87
3)
Belke 2016, S. 161 Fußnote 3
4)
Spickermann, Wolfgang
Die kirchliche Organisation des spätantiken Pilgerwesens.
211-220 in: Für Seelenheil und Lebensglück. Das byzantinische Pilgerwesen und seine Wurzeln, Mainz 2018
5)
Tabula Peutingeriana, pars VIII
6)
Itinerarium Antonini § 139
7)
571, 6-10: »kal. Iun. A Calcidonia et reversi sumus Constantinopolim VII kal. Ian. Consule suprascripto A Constantinopoli transis Pontum, uenis Calcedoniam, ambulas prouinciam Bithiniam.«
8)
Salway, R. W. B.
There but not there: Constantinople in the Itinerarium Burdigalense.
S. 293-324 in: Lucy Grig, Gavin Kelly: Two Romes : Rome and Constantinople in Late Antiquity. Oxford 2012: Oxford University Press.
wiki/bosporus.txt · Zuletzt geändert: 2023/08/11 05:13 von norbert

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