Australien

Kulturkonflikte. Etwa 300.000 Aborigines besiedelten Australien, als die ersten Kolonisten landeten. Den Einwanderern galt die Urbevölkerung als primitiv, ihre Lebensweise als minderwertig. Aus Sicht der europäischen Einwanderer war Australien »terra nullius« und gehörte niemandem. Viele Aborigines wurden aus ihren angestammten Gebieten vertrieben, starben durch Massaker und durch von den Weißen eingeschleppte Krankheiten. Später versuchte man, die Aboriginals zu assimilieren. Dazu wurden vielen Müttern die Kinder weggenommen und in Schulen der Weißen erzogen. Erst seit dem 27. Mai 1967 gelten die Aborigines als Staatsbürger mit allen Rechten. Ihre Landrechte wurden prinzipiell anerkannt. Im Alltag wird die »reconciliation«, die Versöhnung, noch nicht in vollem Umfang umgesetzt. Das moderne Australien versteht sich als Einwanderungsland mit Menschen aus fast 140 verschiedenen Ländern.

Sprache. Von den etwa 250 verschiedenen Aboriginesprachen werden heute kaum noch 50 gesprochen. Über Jahrtausende nutzten die Aborigine Felszeichnungen (Abb.), eine Schrift kannten sie früher nicht. Manche Begriffe der Aboriginesprache wurden ins englische Australisch aufgenommen. Das »didgeridoo«, ein Blasinstrument, ist auch in Europa bekannt. Die australische Umgangssprache unterscheidet sich vom »Queen’s English« durch die Aussprache. Längere Worte werden gerne abgekürzt, beispielsweise bezeichnet »Aussie« einen Australier.

Religion. Etwa 70 % der Bevölkerung sind christlichen Glaubens. Zunehmend integrieren die Aborigines christliche Bestandteile in ihren Glauben. Die Aborigines verehren keinen bestimmten Gott. Die Schöpfungsgeschichte der Aborigines wird als »dreamtime«, Traumzeit, bezeichnet: Zu Beginn der Welt wanderten »wondjina« in Form riesiger Pflanzen, Insekten oder Tiere durch Welt. Aus deren Fußspuren entstanden Flüsse, Täler und die Welt, wie sie heute ist. Die Ahnen der Aborigines erhielten von den Geistern die Aufgabe, das Land nach bestimmten Regeln zu bewohnen und zu pflegen. Sogenannte Traumstraßen verbanden alle Gebiete (Abb.). In den Gebieten wandernd nutzten sie die Natur sehr vorsichtig. Tiere, Felsen, Pflanzen wurden als Ahnen und damit als Verwandte betrachtet, die es zu ehren und zu achten galt. Nach ihrem Glauben ist alles mit allem verbunden.

Niederschläge und Grundwasser. 90 % der Landmasse sind weniger als 500 Meter hoch. Gebirge, an denen Wolken abregnen können, fehlen in den meisten Landesteilen. Daher konzentrieren sich die Niederschläge auf wenige Regionen (Abb). Für das Leben in den Trockengebieten sind die Grundwasservorkommen daher besonders wichtig. Etwa 20 artesische Becken nehmen zusammen etwa ein Drittel der Fläche Australiens ein. Unter dem Großen Artesischen Becken befinden sich die größten Süßwasservorräte der Erde. Die Besonderheit artesischer Becken liegt darin, daß beim Bohren eines Brunnens das Wasser unter Druck an die Oberfläche quillt (Abb.)

Großräume. Das Ostaustralische Bergland umfaßt die Great Dividing Range, ein Gebirge mit meist nicht mehr als 1000 Metern Höhe, selten mit 2000 m Höhe. Der »Australische Schild« wird auch als Westaustralisches Tafelland bezeichnet, denn er bildet eine weite Ebene mit etwa 500 Metern Höhe. Zwischen diesen beiden Großräumen liegt das Mittelaustralische Tiefland mit den Artesischen Becken. Die Bass Strait trennt Tasmanien vomFestland. Die Insel mit ihrem hügeligem bis gebirgigem Charakter (Abb.) erinnert manchmal an England oder Norwegen.

Küste und Inland. Vom dichtbesiedelten und fruchtbaren Küstenstreifen aus bezeichnen die Australier das trockene und flache Landesinnere als Outback. Allein die Nullarbor Plain, eine Sandwüste (Abb.), umfaßt mehr als ein Drittel des Kontinents. Als »Rotes Herz« wird das Zentrum Australiens mit seinen roten Böden bezeichnet. Hier befinden sich der Monolithfelsen Uluru (Ayers Rock) und die Felsgruppe des Kata Tjuta (Mount Olgas) (Abb.). Im Unterschied zu Europa und Amerika wurde Australiens Oberfläche seit 250 Millionen Jahren geologisch nur wenig verändert. Die Erosion trug die obersten Erdschichten ab. So finden sich hier nicht nur viele Bodenschätze nah an der Oberfläche, sondern auch das mit dreieinhalb Milliarden Jahren älteste Gestein der Erde.

Flüsse und Seen. Das Land ist netzartig von feinverästelten ausgetrockneten Flußbetten, »Creeks«, durchzogen, hier und da findet sich eine Wasserstelle, »Billabong«. Nur etwa drei bis vier Mal in jedem Jahrhundert erhalten die Salzseen der drei großen abflußlosen Becken frisches Wasser. Das Eyre-Becken zeigt eine deutliche Salzkruste. Der gleichnamige See ist nur selten mit Wasser gefüllt. Das Becken liegt bereits bis zu 16 Metern unterhalb des Meeresspiegels und wird oft als »Totes Herz« Australiens bezeichnet. In der Karte sind solche nur zeitweise (periodisch) vorhandenen Seen und Flüsse gestrichelt dargestellt.

Landwirtschaft. Australien besitzt mit etwa 150 Millionen Schafen den größten Herdenbestand weltweit. Dafür und für große Rinderherden werden ergiebige Weiden benötigt. Getreide, Obst und Wein werden besonders in den Küstenregionen angebaut. Ohne ausreichende Wasserversorgung ist keine Landwirtschaft denkbar. Die Anbauflächen im Landesinnern müssen künstlich bewässert werden. Ackerbau bedarf zudem fruchtbarer Böden. Rund 70 % der einheimischen Vegetation wurden dem Ackerbau und den Siedlungsflächen geopfert.

Insellage. Australien löste sich vor 45 Millionen Jahren von Antarktis und Südamerika. So isoliert entwickelten sich besondere Tier- und Pflanzenarten. Ein feuchtes Klima förderte eine üppige Vegetation. Vor 15 Millionen Jahren kollidierte es mit den Sundainseln in Südostasien. Meeresarme verhinderten, daß die Säugetiere des indonesischen Archipels nach Australien gelangten.

Einzigartige Flora und Fauna. Der größte Vertreter der zahlreichen Beuteltierarten ist das rote Riesenkänguru (Macropus rufus). Es lebt in den Grassteppen und Buschsavannen. Dort werden Farne baumhoch, Grasbäume und Affenbrotbäume (Baobabs) prägen die Landschaft. Der Golden Wattle, eine Akazienart, wurde gar zum nationalen Symbol. Zu den Kletterbeutlern gehört der Koala (Phascolarctos cinerus). Sein Fell riecht wie Eukalyptus-Bonbons, denn nächtlich verzehrt er etwa ein Kilogramm Eukalyptusblätter. 700 Eukalyptusarten gibt es, darunter Büsche ebenso wie den riesigen Karribaum (Eukalyptus diversicolor) mit 90 Metern Höhe. Der Emu (Dromaius novaehollandiae) ist der einzige lebende Vertreter seiner Familie. Wie der Strauß und der Kiwi kann er nicht fliegen. Im flachen Land läuft er bis zu 50 km/h schnell. Ausschließlich in Australien existieren eierlegende Kloakentiere wie das Schnabeltier (Ornithorhynchus anatinus). Es sucht tauchend nach Krabben und hat an seinem Hinterfuß einen Giftsporn.

Trockenheit und Feuer überleben. Tiere und Pflanzen haben gelernt, Dürren und Buschbrände zu überleben. Bereits vor Jahrmillionen haben die Lungenfische die Fähigkeit entwickelt, auch nach dem Austrocknen eines Gewässers an Land zu überleben. Pflanzen wie der Eukalyptus bilden ledrige mit einem steifen Skelett. Die Blätter welken nicht und speichern Feuchtigkeit. Epidermis und Cuticula sind oft mit dickem Wachsbelag überzogen und schützen so vor der Austrocknung. Manche Arten stellen ihre Blätter mit der schmalen Kante zur Sonne. Der Grasbaum blüht ausschliesslich nach einem Buschfeuer. Die riesigen Mountain Ash haben während der vorhergehenden Trockenzeiten viele Samen produziert und in harten Kapseln gelagert. Nach dem Brand fallen bis zu 14 Millionen Samen auf einen Hektar Land. Die Kapseln öffnen sich in der mit Rauchgasen gesättigten Luft über der warmen Asche. Das Unterholz ist verbrannt, den keimenden Samen macht kaum eine andere Pflanze Konkurrz, der Boden ist durch die Asche frisch gedüngt. So reagieren manche Pflanzen nach dem Feuer mit Wachstums oder Fortpflanzung. Schon gewusst? 18 eingeführte Tierarten, darunter Kaninchen, Hunde, Katzen, Büffel, Pferde …, bedrohen mangels natürlicher Feinde die einheimische Flora und Fauna. 1859 brachte Thomas Austin die ersten zwölf Kaninchen ins Land. 1950 Weder durch Jagd noch Gift oder Zäune ließ sich ihre Zahl vermindern. Erst als man das für Kaninchen tödliche Myxomatosevirus freisetzte, schrumpfte die Population. Zunehmend werden die Nager jedoch resistent gegen das Virus.