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wiki:wandern

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wiki:wandern [2022/01/10 05:15] norbertwiki:wandern [2022/01/10 05:31] – [Wandern] norbert
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 ====== Wandern ====== ====== Wandern ======
-`Wandern´ ist eines der 21 germanischen [[wiki:reise-fahrt-gang|Nomina der Fortbewegung]] ((''Winfried Breidbach'': //Reise - [[wiki:fahrt|Fahrt]] - Gang. Nomina der Fortbewegung in den altgermanischen Sprachen.// Peter Lang 1994  Diss. Köln))und findet sich vergleichsweise selten im frühen Deutschen, Englischen (aengl. wandrian) und Altfriesischen (wondrian); in den slavischen Sprachen wendrowaz, wandrowasch, wandrati, im Böhmischen Wandrugi, wandrował, wandrowati ((''Václav Jan Rosa'': //Thesaurus linguae Bohemicae//)). Möglicherweise wurzelt es im Altnordischen //vǫndr// ((vandar, dat. vendi/vǫnd; vendir, acc. vǫndu/vendi)) für ‘Stange, Want, Mast’. //Vǫnd// ist Adjektiv zu //vandr// ‘schwierig’, //vǫndr// bedeutet ‘Zauberstab, Veränderer’. Im Altnordischen wird //vǫnsuðr // mit Wanderer übersetzt, bildlich für `Der Schwingende´ (([[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=308687|Þul Veðra 1 III/1]]; das Wort `Achse´ bedeutet schwingen, daher auch `Achsel´, weil die Arme beim Gehen schwingen)). Dieselbe Vorstellung findet sich auch im Persischen und Arabischen  (//mosāfer// مسافر von //Musāfahat// `die Flügel schwingen´) und im gleichnamigen I-Ging-Zeichen [[https://de.wikipedia.org/wiki/I_Ging#/media/Datei:Iching-hexagram-56.svg|I-Ging-Zeichen]] 56: Der Wanderer 旅 lǚ.+`Wandern´ tritt neben die anderen 21 germanischen [[wiki:reise-fahrt-gang|Nomina der Fortbewegung]] ((''Winfried Breidbach'': //Reise - [[wiki:fahrt|Fahrt]] - Gang. Nomina der Fortbewegung in den altgermanischen Sprachen.// Peter Lang 1994  Diss. Köln)) und findet sich vergleichsweise selten im frühen Deutschen, Englischen (aengl. wandrian) und Altfriesischen (wondrian); in den slavischen Sprachen wendrowaz, wandrowasch, wandrati, im Böhmischen Wandrugi, wandrował, wandrowati ((''Václav Jan Rosa'': //Thesaurus linguae Bohemicae//)). Möglicherweise ist es verwandt mit dem Altnordischen //vǫndr// ((vandar, dat. vendi/vǫnd; vendir, acc. vǫndu/vendi)) für ‘Stange, Want, Mast’. //Vǫnd// ist Adjektiv zu //vandr// ‘schwierig’, //vǫndr// bedeutet ‘Zauberstab, Veränderer’. Im Altnordischen wird //vǫnsuðr // mit Wanderer übersetzt, bildlich für `Der Schwingende´ (([[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=308687|Þul Veðra 1 III/1]]; das Wort `Achse´ bedeutet schwingen, daher auch `Achsel´, weil die Arme beim Gehen schwingen)). Dieselbe Vorstellung findet sich auch im Persischen und Arabischen  (//mosāfer// مسافر von //Musāfahat// `die Flügel schwingen´) und im gleichnamigen I-Ging-Zeichen [[https://de.wikipedia.org/wiki/I_Ging#/media/Datei:Iching-hexagram-56.svg|I-Ging-Zeichen]] 56: Der Wanderer 旅 lǚ.
  
 Ursprünglich bedeutete `wandern´ ganz sachlich `einen geraden Weg zurücklegen´ mit einer Nebenbedeutung von `verändern´ im Sinne von `wandeln´ und `wenden´ als einem endlosen hin und her, vielleicht also an die Erfahrung des Gehens hinter dem Pflug zwischen den //Gewänden// der Ackerfläche sich anlehnend so wie auch die `[[wiki:fahrt|Fahrt´]] an das Gehen in der //Furche// angelehnt ist, jedoch früh übertragen wird auf das Unterwegs-sein außerhalb der Gemeinschaft durch die [[wiki:wildnis|Wildnis]]. Das Verdrängen der Wildnis und das Wachsen der Städte mit der überregionalen Infrastruktur ermöglichte neue Bedeutungsinhalte für `wandern´: Ursprünglich bedeutete `wandern´ ganz sachlich `einen geraden Weg zurücklegen´ mit einer Nebenbedeutung von `verändern´ im Sinne von `wandeln´ und `wenden´ als einem endlosen hin und her, vielleicht also an die Erfahrung des Gehens hinter dem Pflug zwischen den //Gewänden// der Ackerfläche sich anlehnend so wie auch die `[[wiki:fahrt|Fahrt´]] an das Gehen in der //Furche// angelehnt ist, jedoch früh übertragen wird auf das Unterwegs-sein außerhalb der Gemeinschaft durch die [[wiki:wildnis|Wildnis]]. Das Verdrängen der Wildnis und das Wachsen der Städte mit der überregionalen Infrastruktur ermöglichte neue Bedeutungsinhalte für `wandern´:
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   * Das alte Wort //lustwandeln// verwandelt das //Wandern// zum //Bummeln// und //[[wiki:flaneur|Flanieren]]//. Beide betonen das sich-verlieren ohne auf die [[wiki:zeit_musse|Zeit]] zu achten, doch unterscheiden sie sich durch Stil und Haltung. Allerdings ist es kaum vorstellbar, in der [[wiki:waldeinsamkeit|Einsamkeit]] zu bummeln und zu flanieren. Beide benötigen das //sehen-und-gesehen-werden// als Teil einer Menge, von der sie sich absetzen können, teils durch Lässigkeit oder Überheblichkeit oder Nachdenklichkeit, teils durch offensichtliche Expressivität, erkennbar etwa an Einkaufstasche, Sonnenschirm, Spazierstock, Strohhut oder Pfeife.   * Das alte Wort //lustwandeln// verwandelt das //Wandern// zum //Bummeln// und //[[wiki:flaneur|Flanieren]]//. Beide betonen das sich-verlieren ohne auf die [[wiki:zeit_musse|Zeit]] zu achten, doch unterscheiden sie sich durch Stil und Haltung. Allerdings ist es kaum vorstellbar, in der [[wiki:waldeinsamkeit|Einsamkeit]] zu bummeln und zu flanieren. Beide benötigen das //sehen-und-gesehen-werden// als Teil einer Menge, von der sie sich absetzen können, teils durch Lässigkeit oder Überheblichkeit oder Nachdenklichkeit, teils durch offensichtliche Expressivität, erkennbar etwa an Einkaufstasche, Sonnenschirm, Spazierstock, Strohhut oder Pfeife.
   * Gepäckformen wie [[wiki:felleisen|Felleisen]], [[wiki:berliner|Berliner]], [[wiki:tornister|Tornister]], [[wiki:ranzen|Ranzen]], [[wiki:mantelsack|Mantelsack]] oder [[wiki:rucksack|Rucksack]] wurden zeittypisch über ihre Notwendigkeit hinaus zum kennzeichnenden Merkmal von [[wiki:stereotyp|Stereotypen]] und Gruppen; dabei wandelte sich beispielsweise der Rucksack vom Attribut des Wanderers in den letzten Dekaden zum modischen Accessoire und auch der Bergschuh ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr.   * Gepäckformen wie [[wiki:felleisen|Felleisen]], [[wiki:berliner|Berliner]], [[wiki:tornister|Tornister]], [[wiki:ranzen|Ranzen]], [[wiki:mantelsack|Mantelsack]] oder [[wiki:rucksack|Rucksack]] wurden zeittypisch über ihre Notwendigkeit hinaus zum kennzeichnenden Merkmal von [[wiki:stereotyp|Stereotypen]] und Gruppen; dabei wandelte sich beispielsweise der Rucksack vom Attribut des Wanderers in den letzten Dekaden zum modischen Accessoire und auch der Bergschuh ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr.
-  * [[wiki:stab|Stockformen]] sind bis heute kennzeichnend, etwa als [[wiki:pilgerstab|Pilgerstab]], als Knotenstock (Stenz) für Wandergesellen, als Ziegenhainer für Studenten, als Spazierstock, als Teleskopstock, als plakettenbeschlagener Wanderstock.+  * [[wiki:stab|Stockformen]] sind bis heute kennzeichnend, etwa als [[wiki:pilgerstab|Pilgerstab]], als Knotenstock (Stenz) für Wandergesellen, als Ziegenhainer für Studenten, als Spazierstock, als Teleskopstock, als [[wiki:wanderstock|Wanderstock]] mit [[wiki:stocknagel|Stocknägeln]] als [[wiki:souvenir|Souvenir]].
   * Bemerkenswert ist, dass das Wandern zur //Wanderschaft// werden kann, also zur Bestimmung, zur Lebensphase, zur Haupttätigkeit, weil analoge Bildungen wie Reiseschaft, Fahrschaft nicht existieren. Derart betont erscheinen auch: Wanderjahre, [[wiki:wandermoench|Wandermönch]], Wanderprediger,  Wander[[wiki:weg|weg]]/-pfad.   * Bemerkenswert ist, dass das Wandern zur //Wanderschaft// werden kann, also zur Bestimmung, zur Lebensphase, zur Haupttätigkeit, weil analoge Bildungen wie Reiseschaft, Fahrschaft nicht existieren. Derart betont erscheinen auch: Wanderjahre, [[wiki:wandermoench|Wandermönch]], Wanderprediger,  Wander[[wiki:weg|weg]]/-pfad.
 ==== Der Wanderer in der Kunst ==== ==== Der Wanderer in der Kunst ====
wiki/wandern.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/03 11:54 von norbert

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