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wiki:wandern

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wiki:wandern [2021/09/23 05:34] norbertwiki:wandern [2021/09/23 06:07] – [Wandern] norbert
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 ====== Wandern ====== ====== Wandern ======
  
-`Wandern´ ist eines der 21 germanischen Nomina der Fortbewegung ((''Winfried Breidbach'': //Reise - [[wiki:fahrt|Fahrt]] - Gang. Nomina der Fortbewegung in den altgermanischen Sprachen.// Peter Lang 1994  Diss. Köln))und findet sich vergleichsweise selten im frühen Deutschen, Englischen (aengl. wandrian) und Altfriesischen (wondrian). Möglicherweise wurzelt es im Altnordischen //vǫndr// ((vandar, dat. vendi/vǫnd; vendir, acc. vǫndu/vendi)) für ‘Stange, Want, Mast’. //Vǫnd// ist Adjektiv zu //vandr// ‘schwierig’, //vǫndr// bedeutet ‘Zauberstab, Veränderer’. Im Altnordischen wird //vǫnsuðr // mit Wanderer übersetzt, bildlich für `Der Schwingende´ (([[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=308687|Þul Veðra 1 III/1]])). Diese Vorstellung findet sich auch im gleichnamigen I-Ging-Zeichen:+`Wandern´ ist eines der 21 germanischen Nomina der Fortbewegung ((''Winfried Breidbach'': //Reise - [[wiki:fahrt|Fahrt]] - Gang. Nomina der Fortbewegung in den altgermanischen Sprachen.// Peter Lang 1994  Diss. Köln))und findet sich vergleichsweise selten im frühen Deutschen, Englischen (aengl. wandrian) und Altfriesischen (wondrian); in den slavischen Sprachen wendrowaz, wandrowasch, wandrati, im Böhmischen Wandrugi, wandrował, wandrowati ((''Václav Jan Rosa'': //Thesaurus linguae Bohemicae//)). Möglicherweise wurzelt es im Altnordischen //vǫndr// ((vandar, dat. vendi/vǫnd; vendir, acc. vǫndu/vendi)) für ‘Stange, Want, Mast’. //Vǫnd// ist Adjektiv zu //vandr// ‘schwierig’, //vǫndr// bedeutet ‘Zauberstab, Veränderer’. Im Altnordischen wird //vǫnsuðr // mit Wanderer übersetzt, bildlich für `Der Schwingende´ (([[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=308687|Þul Veðra 1 III/1]])). Diese Vorstellung findet sich auch im gleichnamigen I-Ging-Zeichen:
   * [[https://de.wikipedia.org/wiki/I_Ging#/media/Datei:Iching-hexagram-56.svg|I-Ging-Zeichen]] 56: Der Wanderer 旅 lǚ   * [[https://de.wikipedia.org/wiki/I_Ging#/media/Datei:Iching-hexagram-56.svg|I-Ging-Zeichen]] 56: Der Wanderer 旅 lǚ
 Ursprünglich bedeutete `wandern´ ganz sachlich `einen geraden Weg zurücklegen´ mit einer Nebenbedeutung von `verändern´ im Sinne von `wandeln´ und `wenden´ als einem endlosen hin und her, vielleicht also an die Erfahrung des Gehens hinter dem Pflug zwischen den //Gewänden// der Ackerfläche sich anlehnend so wie auch die `[[wiki:fahrt|Fahrt´]] an das Gehen in der //Furche// angelehnt ist, jedoch früh übertragen wird auf das Unterwegs-sein außerhalb der Gemeinschaft durch die [[wiki:wildnis|Wildnis]]. Das Verdrängen der Wildnis und das Wachsen der Städte mit der überregionalen Infrastruktur ermöglichte neue Bedeutungsinhalte für `wandern´: Ursprünglich bedeutete `wandern´ ganz sachlich `einen geraden Weg zurücklegen´ mit einer Nebenbedeutung von `verändern´ im Sinne von `wandeln´ und `wenden´ als einem endlosen hin und her, vielleicht also an die Erfahrung des Gehens hinter dem Pflug zwischen den //Gewänden// der Ackerfläche sich anlehnend so wie auch die `[[wiki:fahrt|Fahrt´]] an das Gehen in der //Furche// angelehnt ist, jedoch früh übertragen wird auf das Unterwegs-sein außerhalb der Gemeinschaft durch die [[wiki:wildnis|Wildnis]]. Das Verdrängen der Wildnis und das Wachsen der Städte mit der überregionalen Infrastruktur ermöglichte neue Bedeutungsinhalte für `wandern´:
-  * Wandern im Sinne von [[wiki:fussreisen|Fussreisen]] erscheint erst sinnvoll, wenn das Reiten mit dem [[wiki:nutztiere|Pferd]], das Reisen mit der [[wiki:kutschen|Kutsche]] oder mit dem [[wiki:zeitleiste_gelaendewagen|Automobil]] als mögliche Alternative gegenübersteht und das Reisen zu Fuß kultiviert werden kann und verdrängt dann das verwandte `wandeln´.+  * Wandern im Sinne von [[wiki:fussreisen|Fussreisen]] erscheint erst sinnvoll, wenn das Reiten mit dem [[wiki:nutztiere|Pferd]], das Reisen mit der [[wiki:kutschen|Kutsche]] oder mit dem [[wiki:zeitleiste_gelaendewagen|Automobil]] als mögliche Alternative gegenübersteht und das Reisen zu Fuß kultiviert werden kann und verdrängt dann sowohl das verwandte `wandeln´, welches leichter und anmutiger klingt als auch das `wallen´, welches sich als //Waller// `Pilger´ länger behauptet. 
 +  * Der Wanderzwang der Handwerksgesellen wird in den Zunftstatuten ab dem [[wiki:reisegenerationen#14. Jahrhundert|14. Jahrhundert]] festgeschrieben.
   * Wandern erscheint im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] als das Zurücklegen einer größeren Strecke durch die Natur.   * Wandern erscheint im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] als das Zurücklegen einer größeren Strecke durch die Natur.
   * Wandern im Sinne eines romantischen Durchstreifens der Natur wird so erst etwa seit dem [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 17. Jahrhundert|17. Jahrhundert]] verstanden.   * Wandern im Sinne eines romantischen Durchstreifens der Natur wird so erst etwa seit dem [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 17. Jahrhundert|17. Jahrhundert]] verstanden.
-  * Das Wandern wird durch die spiritutelle Ausrichtung zum [[wiki:pilger|Pilgern]], militärisch ab dem 16. Jahrhundert zum [[wiki:marsch|Marsch]] und bei als tagelanger Sport zum neudeutschen [[wiki:trekking|Trekking]].+  * Das Wandern wird durch die spirituelle Ausrichtung zum [[wiki:pilger|Pilgern]], militärisch ab dem 16. Jahrhundert zum [[wiki:marsch|Marsch]] und als tagelanger Sport zum neudeutschen [[wiki:trekking|Trekking]].
   * Sportmediziner definieren Wandern über eine Schrittgeschwindigkeit von sechs Kilometern pro Stunde - das dürfte jedoch eher die Ausnahme als die Regel sein und ist mit [[wiki:gepaeck|Gepäck]] untrainiert kaum machbar.   * Sportmediziner definieren Wandern über eine Schrittgeschwindigkeit von sechs Kilometern pro Stunde - das dürfte jedoch eher die Ausnahme als die Regel sein und ist mit [[wiki:gepaeck|Gepäck]] untrainiert kaum machbar.
-  * Das Wandern wird als [[wiki:spaziergang|Spaziergang]] sprichwörtlich des [[wiki:musse|Müssiggangs]] Bruder und reduziert den Marsch zum Schlendern in der [[wiki:freizeit|Freizeit]].+  * Das Wandern wird als [[wiki:spaziergang|Spaziergang]] sprichwörtlich des [[wiki:musse|Müssiggangs]] Bruder und reduziert den Marsch zum Schlendern in der [[wiki:freizeit|Freizeit]], manchmal erkennbar am [[wiki:picknick|Picknick]]korb.
   * Das alte Wort //lustwandeln// verwandelt das //Wandern// zum //Bummeln// und //[[wiki:flaneur|Flanieren]]//. Beide betonen das sich-verlieren ohne auf die [[wiki:zeit_musse|Zeit]] zu achten, doch unterscheiden sie sich durch Stil und Haltung. Allerdings ist es kaum vorstellbar, in der [[wiki:waldeinsamkeit|Einsamkeit]] zu bummeln und zu flanieren. Beide benötigen beide das //sehen-und-gesehen-werden// als Teil einer Menge, von der sie sich absetzen können, teils durch Lässigkeit oder Überheblichkeit oder Nachdenklichkeit, teils durch offensichtliche Expressivität, erkennbar etwa an Einkaufstasche, Sonnenschirm, Spazierstock, Strohhut oder Pfeife.   * Das alte Wort //lustwandeln// verwandelt das //Wandern// zum //Bummeln// und //[[wiki:flaneur|Flanieren]]//. Beide betonen das sich-verlieren ohne auf die [[wiki:zeit_musse|Zeit]] zu achten, doch unterscheiden sie sich durch Stil und Haltung. Allerdings ist es kaum vorstellbar, in der [[wiki:waldeinsamkeit|Einsamkeit]] zu bummeln und zu flanieren. Beide benötigen beide das //sehen-und-gesehen-werden// als Teil einer Menge, von der sie sich absetzen können, teils durch Lässigkeit oder Überheblichkeit oder Nachdenklichkeit, teils durch offensichtliche Expressivität, erkennbar etwa an Einkaufstasche, Sonnenschirm, Spazierstock, Strohhut oder Pfeife.
   * Gepäckformen wie [[wiki:felleisen|Felleisen]], [[wiki:berliner|Berliner]], [[wiki:tornister|Tornister]], [[wiki:ranzen|Ranzen]], [[wiki:mantelsack|Mantelsack]] oder [[wiki:rucksack|Rucksack]] wurden zeittypisch über ihre Notwendigkeit hinaus zum kennzeichnenden Merkmal von [[wiki:stereotyp|Stereotypen]] und Gruppen; dabei wandelte sich beispielsweise der Rucksack vom Attribut des Wanderers in den letzten Dekaden zum modischen Accessoire und auch der Bergschuh ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr.   * Gepäckformen wie [[wiki:felleisen|Felleisen]], [[wiki:berliner|Berliner]], [[wiki:tornister|Tornister]], [[wiki:ranzen|Ranzen]], [[wiki:mantelsack|Mantelsack]] oder [[wiki:rucksack|Rucksack]] wurden zeittypisch über ihre Notwendigkeit hinaus zum kennzeichnenden Merkmal von [[wiki:stereotyp|Stereotypen]] und Gruppen; dabei wandelte sich beispielsweise der Rucksack vom Attribut des Wanderers in den letzten Dekaden zum modischen Accessoire und auch der Bergschuh ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr.
   * [[wiki:stab|Stockformen]] sind bis heute kennzeichnend, etwa als [[wiki:pilgerstab|Pilgerstab]], als Knotenstock (Stenz) für Wandergesellen, als Ziegenhainer für Studenten, als Spazierstock, als Teleskopstock, als plakettenbeschlagener Wanderstock.   * [[wiki:stab|Stockformen]] sind bis heute kennzeichnend, etwa als [[wiki:pilgerstab|Pilgerstab]], als Knotenstock (Stenz) für Wandergesellen, als Ziegenhainer für Studenten, als Spazierstock, als Teleskopstock, als plakettenbeschlagener Wanderstock.
 +  * Bemerkenswert ist, dass das Wandern zur //Wanderschaft// werden kann, also zur Bestimmung, zur Lebensphase, zur Haupttätigkeit, weil analoge Bildungen wie Reiseschaft, Fahrschaft nicht existieren. Derart betont erscheinen auch: Wanderjahre, [[wiki:wandermoench|Wandermönch]], Wanderprediger,  Wander[[wiki:weg|weg]]/-pfad.
 ==== Der Wanderer in der Kunst ==== ==== Der Wanderer in der Kunst ====
   * **1492–1497** ''Dürer, Albrecht'': //[[http://www.zeno.org/nid/20003996417|Felsenstudie mit Wanderer]]//\\ 22,5×31,6 cm, Feder auf Papier, Wien: Grafische Sammlung Albertina   * **1492–1497** ''Dürer, Albrecht'': //[[http://www.zeno.org/nid/20003996417|Felsenstudie mit Wanderer]]//\\ 22,5×31,6 cm, Feder auf Papier, Wien: Grafische Sammlung Albertina
wiki/wandern.txt · Zuletzt geändert: 2024/05/23 10:16 von norbert

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