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wiki:reisen_nach_dem_zweiten_weltkrieg

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wiki:reisen_nach_dem_zweiten_weltkrieg [2018/10/11 14:37] – angelegt norbertwiki:reisen_nach_dem_zweiten_weltkrieg [2024/04/07 06:26] (aktuell) – [Auswandern und verdrängen] norbert
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 Zu dieser Zeit war Norman im Hafen von Rangoon und vervielfältigte im Hinterzimmer eines kleinen burmesischen Ladens die ersten Informationsblätter des Clubs. Für fünf Schilling Mitgliedergebühr bot er den Mitgliedern eine monatliche Broschüre an mit Infos über //"how to travel the world at rock bottom cost"// sowie eine Mitgliederliste. 40 der 200 Angeschriebenen nahmen dieses Angebot an.  Zu dieser Zeit war Norman im Hafen von Rangoon und vervielfältigte im Hinterzimmer eines kleinen burmesischen Ladens die ersten Informationsblätter des Clubs. Für fünf Schilling Mitgliedergebühr bot er den Mitgliedern eine monatliche Broschüre an mit Infos über //"how to travel the world at rock bottom cost"// sowie eine Mitgliederliste. 40 der 200 Angeschriebenen nahmen dieses Angebot an. 
  
-Mittlerweile war es August 1945, der Krieg beendet. Bis Frühling 1946 wuchs die Anzahl der Mitglieder auf fünfzig und Norman machte das Schiff klar. Eine Gruppe von Mitgliedern um ''William Redgrave'' radelte durch Europa, eine andere Gruppe wollte auswandern, um auf diesem Weg die Welt kennenzulernen. Norman schreibt: //"Im ersten Jahr nach Kriegsende war Reisen in Großbritannien schwierig, da die Lebensmittel rationiert waren, und auf dem Kontinent, weil scheinbar alle Schiffe und Flugzeuge eingesetzt wurden, um die Kriegsteilnehmer nach Hause zu befördern."// Doch auf einer Probefahrt erweist sich die Segelyacht als zu altersschwach und 1947 fliegt Norman Ford in die USA. +Mittlerweile war es August 1945, der Krieg beendet. Bis Frühling 1946 wuchs die Anzahl der Mitglieder auf fünfzig und Norman machte das Schiff klar. Eine Gruppe von Mitgliedern um ''William Redgrave'' radelte durch Europa, eine andere Gruppe wollte auswandern, um auf diesem Weg die Welt kennenzulernen. Norman schreibt: //"Im ersten Jahr nach Kriegsende war Reisen in Großbritannien schwierig, da die [[wiki:lebensmittel|Lebensmittel]] rationiert waren, und auf dem Kontinent, weil scheinbar alle Schiffe und Flugzeuge eingesetzt wurden, um die Kriegsteilnehmer nach Hause zu befördern."// Doch auf einer Probefahrt erweist sich die Segelyacht als zu altersschwach und 1947 fliegt Norman Ford in die USA. 
    
 ==== Wasser kennt keine Grenzen ==== ==== Wasser kennt keine Grenzen ====
-Mehr Erfolg hatte der Schweizer ''Hans von Meiss-Teuffen''. Er verbrachte die letzten Kriegsjahre als Lastkraftwagenfahrer in London und verdiente genug, um sich im Juli 1945 ein Sieben-Tonnen-Segelboot, eine 35-mm-Filmkamera, Leica und Rolleiflex, Sextant und Chronometer kaufen zu können. Mit der "Speranza" verließ er Ende August England über die Themse, als erster privater Schiffsführer nach dem Krieg, und dabei Spezialkarten der Royal Navy benutzend, die die noch existierenden Minenfelder enthielten. Er hatte versprechen müssen, die Karten nach Passieren der Minenfelder sofort zu vernichten. +Mehr Erfolg hatte der Schweizer ''Hans von Meiss-Teuffen''. Er verbrachte die letzten Kriegsjahre als Lastkraftwagenfahrer in London und verdiente genug, um sich im Juli 1945 ein Sieben-Tonnen-Segelboot, eine 35-mm-Filmkamera, Leica und Rolleiflex, Sextant und Chronometer kaufen zu können. Mit der "Speranza" verließ er Ende August England über die Themse, als erster privater Schiffsführer nach dem Krieg, Spezialkarten der Royal Navy nutzend, die die noch existierenden Minenfelder enthielten. Er hatte versprechen müssen, die Karten nach Passieren der Minenfelder sofort zu vernichten. 
  
-In Lissabon überwinterte er an Bord seines Schiffes: "Am Nachmittag kamen meist Bekannte, die ihren Bekannten das Schiff zeigen wollten, und abends mußte im neu angeschafften Smoking zu einer der vielen Einladungen gegangen werden, wo alte Bestellungen [für bedruckte Tücher] abgeliefert und neue Aufträge angenommen wurden. Gesellschaftliches Leben war für mich zur Notwendigkeit geworden.... Nach den schweren Winterregen... drehte ich... einen Dokumentarfilm über Kork. Mehr als eine Woche verbrachte ich in den ausgedehnten Korkwäldern im Süden Portugals." Zwei weitere Filme haben den Stierkampf und einen "Spaziergang durch Lissabon" zum Thema. +In Lissabon überwinterte er an Bord seines Schiffes: //"Am Nachmittag kamen meist Bekannte, die ihren Bekannten das Schiff zeigen wollten, und abends mußte im neu angeschafften Smoking zu einer der vielen Einladungen gegangen werden, wo alte Bestellungen [für bedruckte Tücher] abgeliefert und neue Aufträge angenommen wurden. Gesellschaftliches Leben war für mich zur Notwendigkeit geworden.... Nach den schweren Winterregen... drehte ich... einen Dokumentarfilm über Kork. Mehr als eine Woche verbrachte ich in den ausgedehnten Korkwäldern im Süden Portugals."// Zwei weitere Filme haben den Stierkampf und einen "Spaziergang durch Lissabon" zum Thema. 
  
 Am 11. März 1946 schließlich segelte er weiter. Drei Wochen blieb er in Tanger, ebenso lange in Gibraltar, und hielt dort Vorträge über Einhandsegeln vor den englischen Offizieren und Kadetten. Den vorläufigen Abschluß seiner zwölfjährigen Vagabundenzeit auf dem Meer bildete die Überquerung des Atlantiks in der Rekordzeit von 58 Tagen über Neufundland und Neuschottland. Es schlossen sich drei Jahre in Amerika an und im April 1949 finden wir ihn überwinternd in Alaska.  Am 11. März 1946 schließlich segelte er weiter. Drei Wochen blieb er in Tanger, ebenso lange in Gibraltar, und hielt dort Vorträge über Einhandsegeln vor den englischen Offizieren und Kadetten. Den vorläufigen Abschluß seiner zwölfjährigen Vagabundenzeit auf dem Meer bildete die Überquerung des Atlantiks in der Rekordzeit von 58 Tagen über Neufundland und Neuschottland. Es schlossen sich drei Jahre in Amerika an und im April 1949 finden wir ihn überwinternd in Alaska. 
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-Europa war klein und hungrig 
  
-Malcolm Keir, auch ein Mitglied des Globetrotter Clubs, berichtet aus jener Zeit: "In the late 1940s and early 1950s most members didn´t travel much beyond western Europe. Yugoslavia was about the outer limit and it was in every sense a `frontier zone´... because conditions in Yugoslavia were in many ways that what today we would associate with some parts of the Third World. Roads were notoriously bad, food was atrocious an local living conditions came as a shock to many travellers." +==== Europa war klein und hungrig ==== 
 +''Malcolm Keir'', auch ein frühes  Mitglied des Globetrotter Clubs, berichtet aus jener Zeit:// "In the late 1940s and early 1950s most members didn´t travel much beyond western Europe. Yugoslavia was about the outer limit and it was in every sense a `frontier zone´... because conditions in Yugoslavia were in many ways that what today we would associate with some parts of the Third World. Roads were notoriously bad, food was atrocious an local living conditions came as a shock to many travellers."// 
  
-Ähnlich schockierend muß es in dieser Zeit in Deutschland ausgesehen haben. 1946 und 1947 war die Nahrungsmittelsituation schlechter als während des Krieges. "Dieses Volk ist - in seinen Lebensmitteln, in seiner Heizung und seiner Unterkunft - auf den niedrigsten Stand gesunken, der seit hundert Jahren in der Geschichte des Westens bekannt ist," befand der frühere amerikanische Präsident Hoover nach einer Informationsreise durch die amerikanische Besatzungszone. Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Mittel: "Man kann es dem einzelnen nicht verwehren, das Dringendste zur Erhaltung von Leben und Gesundheit zu nehmen, wenn er es durch Arbeit nicht erhält." Damit gab der Kölner Kardinal Frings in der Sylvesterpredigt 1946 seinen Segen zum Mundraub, fortan in Köln "fringsen" genannt. In der britischen Zone wurde im Januar 1946 die Tagesration für Zivilisten auf 1046 Kalorien begrenzt: Zwei Scheiben Brot, vielleicht eine Idee Margarine, ein Löffel Milchsuppe, zwei Kartöffelchen. +Ähnlich schockierend muß es in dieser Zeit in Deutschland ausgesehen haben. 1946 und 1947 war die Nahrungsmittelsituation schlechter als während des Krieges. //"Dieses Volk ist - in seinen Lebensmitteln, in seiner Heizung und seiner Unterkunft - auf den niedrigsten Stand gesunken, der seit hundert Jahren in der Geschichte des Westens bekannt ist,"// befand der frühere amerikanische ''Präsident Hoover'' nach einer Informationsreise durch die amerikanische Besatzungszone. Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Mittel: //"Man kann es dem einzelnen nicht verwehren, das Dringendste zur Erhaltung von Leben und Gesundheit zu nehmen, wenn er es durch Arbeit nicht erhält."// Damit gab der Kölner ''Kardinal Frings'' in der Sylvesterpredigt 1946 seinen Segen zum Mundraub, fortan in Köln "fringsen" genannt. In der britischen Zone wurde im Januar 1946 die Tagesration für Zivilisten auf 1046 Kalorien begrenzt: Zwei Scheiben Brot, vielleicht eine Idee Margarine, ein Löffel Milchsuppe, zwei Kartöffelchen. 
  
-Die Aussicht auf einen Sack Kartoffeln ließ die Menschen tagelange Reisen machen, bei denen der Kalorienaufwand größer war als der Erfolg. Viele Menschen waren in dieser Zeit in Europa unterwegs, die wenigsten jedoch freiwillig: Vertriebene, Flüchtlinge, Exilanten, Soldaten - Menschen, die eine Heimat suchten. Willkommen waren sie nirgends. Noch 1947 ist es in den deutschen Städten für Ortsfremde verboten, sich niederzulassen, Arbeit zu suchen oder eine Wohnung. In Bayern wurden Ortsfremde in Züge gepfercht, die dann tage- und wochenlang unterwegs waren in die Mitte oder den Norden Deutschlands: Abschiebung aller Nichtbayern. Im Herbst 1947 haben Güterzüge auf allen Strecken Vorrang vor Personenzügen: Menschen gibt es genug, an Gütern mangelt es und überschüssige Energie muß dazu dienen, Güter zu produzieren. An den britischen, amerikanischen und französischen Zonengrenzen müssen die Menschen die Züge verlassen, Papiere und Gepäck werden kontrolliert - von Deutschen im Auftrage der Besatzungsmächte. Reisende ohne Passierschein oder mit falschen Papieren müssen sich vor dem einfachen Militärgericht verantworten. "Auf der Rückfahrt wird hauptsächlich das Gepäck nach amerikanischem Eigentum durchsucht.... Jede Art von Alkohol ist verdächtig.... Nichts darf nach Kaffee riechen..... Geschlossene Dosen, mit und ohne Aufschrift, fallen der Beschlagnahme anheim.... Wer zwei Pfund Butter im Gepäck hat, macht sich des Schwarzhandels verdächtig.... Diese kuriose Zonenbegrenzung erinnert an alte Zeiten, wo es über dreißig Reichszölle gab und der Krummstab und die territorialen Pfalzgrafen fleißig Geld kassierten." +Die Aussicht auf einen Sack Kartoffeln ließ die Menschen tagelange Reisen machen, bei denen der Kalorienaufwand größer war als der Erfolg. Viele Menschen waren in dieser Zeit in Europa unterwegs, die wenigsten jedoch freiwillig: Vertriebene, Flüchtlinge, Exilanten, Soldaten - Menschen, die eine Heimat suchten. Willkommen waren sie nirgends. Noch 1947 ist es in den deutschen Städten für Ortsfremde verboten, sich niederzulassen, Arbeit zu suchen oder eine Wohnung. In Bayern wurden Ortsfremde in Züge gepfercht, die dann tage- und wochenlang unterwegs waren in die Mitte oder den Norden Deutschlands: Abschiebung aller Nichtbayern.
  
-Noch schwerer waren die Grenzen zu den Nachbarländern bewacht: "Das Phänomenale der Grenze wird deutlich, wenn ein Unkundiger nichtsahnend die Grenze um hundertfünfzig Meter überschreitet, vom Grenzer aufgegriffen, abgeführt, zu Protokoll vernommen, dem deutschen Grenzschutz übergeben, drei Tage in ein Gefängnis eingesperrt und vom Einfachen Militärgericht Nordhorn zu 200 Reichsmark Geldstrafe verurteilt wird..." So passiert dem Journalisten Henkels 1947. +Im Herbst 1947 haben Güterzüge auf allen Strecken Vorrang vor Personenzügen: Menschen gibt es genug, an Gütern mangelt es und überschüssige Energie muß dazu dienen, Güter zu produzieren. An den britischen, amerikanischen und französischen Zonengrenzen müssen die Menschen die Züge verlassen, Papiere und Gepäck werden kontrolliert - von Deutschen im Auftrage der Besatzungsmächte. Reisende ohne Passierschein oder mit falschen Papieren müssen sich vor dem einfachen Militärgericht verantworten. //"Auf der Rückfahrt wird hauptsächlich das Gepäck nach amerikanischem Eigentum durchsucht.... Jede Art von Alkohol ist verdächtig.... Nichts darf nach Kaffee riechen..... Geschlossene Dosen, mit und ohne Aufschrift, fallen der Beschlagnahme anheim.... Wer zwei Pfund Butter im Gepäck hat, macht sich des Schwarzhandels verdächtig.... Diese kuriose Zonenbegrenzung erinnert an alte Zeiten, wo es über dreißig Reichszölle gab und der Krummstab und die territorialen Pfalzgrafen fleißig Geld kassierten."//  
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 +Noch schwerer waren die Grenzen zu den Nachbarländern bewacht: //"Das Phänomenale der Grenze wird deutlich, wenn ein Unkundiger nichtsahnend die Grenze um hundertfünfzig Meter überschreitet, vom Grenzer aufgegriffen, abgeführt, zu Protokoll vernommen, dem deutschen Grenzschutz übergeben, drei Tage in ein Gefängnis eingesperrt und vom Einfachen Militärgericht Nordhorn zu 200 Reichsmark Geldstrafe verurteilt wird..."// So passiert dem Journalisten Henkels 1947. 
    
-Trümmerliteratur und Reporter+==== Trümmerliteratur und Reporter ==== 
 +Den allierten Truppen folgten die Kriegsberichterstatter und Reporter, bald auch die ersten Schriftsteller. Sie berichteten über Menschen, Städte, Länder, was sie sahen und fühlten. ''Elisabeth Wiskemann'' schreibt: //"Um die Erlaubnis zu erhalten, Anfang Oktober 1945 von London aus nach Italien zu fahren, mußte ich mir eine [[wiki:khaki|Khaki]]-Uniform zulegen. Die alliierte Militärregierung betrachtete einen akkreditierten Journalisten als Offizier und teilte ihm (oder ihr) Militärrationen zu, die zwar nicht sehr appetitlich waren, in Anbetracht der Knappheit und der entsprechend hohen Preise aber trotzdem willkommen."// 
  
-Den allierten Truppen folgten die Kriegsberichterstatter und Reporterbald auch die ersten SchriftstellerSie berichteten über MenschenStädteLänderwas sie sahen und fühltenElisabeth Wiskemann schreibt: "Um die Erlaubnis zu erhaltenAnfang Oktober 1945 von London aus nach Italien zu fahrenmußte ich mir eine Khaki-Uniform zulegenDie alliierte Militärregierung betrachtete einen akkreditierten Journalisten als Offizier und teilte ihm (oder ihr) Militärrationen zu, die zwar nicht sehr appetitlich waren, in Anbetracht der Knappheit und der entsprechend hohen Preise aber trotzdem willkommen." +Doch der Umfang der "Trümmerliteratur" ist gering. Einem der wenigen Berichte verdanken wir die Beschreibung einer Eisenbahnfahrt im Herbst 1947. ''Stig Dagermann'' trifft einen sechzehnjährigen Jungen im ausgemusterten Soldatenrockder aus der russisch besetzten Zone geflohen ist und nach Amerika will. Dagermann gibt ihm Geld für einen Fahrschein nach Hamburg. //"Andere deutsche Züge sind auch tagsüber dunkel, weil man vor die leeren Fensterhöhlen Holzplatten genagelt hatWenn man es hell haben möchtekann man in Abteilen sitzenwo es keine Platten gibt, aber dort ist es kälter, und es regnet hineinEifrige unsichtbare Hände schieben einen in dieses nächtliche Abteil. Im Dunkeln spielen sich kleine, aber verbitterte wortlose Handgemenge ab, getretene Kinder schreien, zahllose Füße schieben die sperrigen Säcke der Flüchtlinge zur Seite. Das dunkle Abteil ist voll, doch es kann noch voller werden. Nicht zu glaubenwie viele Menschen auf diesen paar Quadratmetern Platz haben. Erst als es so voll ist, daß es weh tut, wird die Tür geschlossen, im ganzen Zug hört man das Zuschlagen von Türen und die verzweifelten Stimmen jenerdie zu spät gekommen sind und noch eine Nacht in den Ruinen dieser Stadt verbringen müssen, statt in andere zu kommenWir stehen in einem Abteil für acht Personen, aber wir sind fünfundzwanzig. Fünfundzwanzig in einem Abteil für acht, was heißt, daß es keine Rolle spielt, ob die Heizung eingeschaltet ist. Schon bevor sich der Zug in Bewegung setzt, rinnt einem der Schweiß herunter. Platz für zwei Füße hat man nicht, man muß auf einem Fuß stehen, fällt aber trotzdem nicht um, man bräuchte zum Stehen überhaupt keinen Fuß und fiele trotzdem nicht um, weil man zwischen anderen schwitzenden Körpern festsitzt wie in einem Schraubstock.... gegen Morgen hält der Zug auf einem großen, leeren hellerleuchteten Bahnhof.... Paßkontrolle, Gepäckkontrolle. Alle Reisenden haben den Zug mit Gepäck und allem zu verlassen. Nach einiger Wartezeit auf dem Bahnhof von Eichenbergder Grenzstation zwischen dem deutschen England und dem deutschen Amerika, erscheinen einige lange amerikanische Soldaten. Sie kauen Kaugummi, gehen umher und kicken gegen Koffer und prüfen Ausweise. Gerhard ist nervös, er hat seinen Paß leicht verändert und sich als Landarbeiter statt als Mechaniker bezeichnet, um die Russen zu täuschen, aber alles geht gut.... Noch bevor es richtig hell ist, spielen sich auf den Unterwegsbahnhöfen dramatische Szenen ab. Der Zug ist schließlich nach wie vor überfüllt, auf diesen Bahnhöfen aber stehen verzweifelte Menschen, die ein ebenso großes Recht zu reisen haben wie wir. Eine verzweifelte Frau läuft von Abteilfenster zu Abteilfenster und schreit, sie müsse zu einem Sterbefall, aber noch nicht einmal, wer zu einem Sterbefall mußkommt in diesen Zug, es sei denn, er hätte genug Kraft, sich hineinzuzwängen. Ein großer kräftiger Mann drängt sich in unser Abteil, er boxt mit einem in der Türöffnung Stehenden, und er boxt besser, und auf diese Weise, die einzige Weise, kommt er herein.... Ein wenig später stampfen frierende Füße auf dem Dach, ja, sogar auf dem Dach reist man schon.... In der Lüneburger Heide fällt der erste Schnee dieses Herbstes, und die Menschen kommen vom Dach und von den Puffern und flehen, hereinkommen zu dürfen, sie sind weiß wie Baumwolle.... Als wir uns Hamburg nähern, wird Gerhard nervös. Er glaubt nicht mehr an Amerika.... Er weiß, es gibt keine Schiffe, aber eingestanden hat er sich das noch nicht."// 
  
-Doch der Umfang der "Trümmerliteratur" ist gering. Einem der wenigen Bericht verdanken wir die Beschreibung einer Eisenbahnfahrt im Herbst 1947. Stig Dagermann trifft einen sechzehnjährigen Jungen im ausgemusterten Soldatenrock, der aus der russisch besetzten Zone geflohen ist und nach Amerika willDagermann gibt ihm Geld für einen Fahrschein nach Hamburg"Andere deutsche Züge sind auch tagsüber dunkelweil man vor die leeren Fensterhöhlen Holzplatten genagelt hatWenn man es hell haben möchte, kann man in Abteilen sitzenwo es keine Platten gibtaber dort ist es kälterund es regnet hineinEifrige unsichtbare Hände schieben einen in dieses nächtliche Abteil. Im Dunkeln spielen sich kleine, aber verbitterte wortlose Handgemenge ab, getretene Kinder schreien, zahllose Füße schieben die sperrigen Säcke der Flüchtlinge zur Seite. Das dunkle Abteil ist voll, doch es kann noch voller werden. Nicht zu glaubenwie viele Menschen auf diesen paar Quadratmetern Platz habenErst als es so voll ist, daß es weh tut, wird die Tür geschlossen, im ganzen Zug hört man das Zuschlagen von Türen und die verzweifelten Stimmen jener, die zu spät gekommen sind und noch eine Nacht in den Ruinen dieser Stadt verbringen müssen, statt in andere zu kommenWir stehen in einem Abteil für acht Personen, aber wir sind fünfundzwanzigFünfundzwanzig in einem Abteil für achtwas heißt, daß es keine Rolle spielt, ob die Heizung eingeschaltet ist. Schon bevor sich der Zug in Bewegung setztrinnt einem der Schweiß herunter. Platz für zwei Füße hat man nichtman muß auf einem Fuß stehen, fällt aber trotzdem nicht um, man bräuchte zum Stehen überhaupt keinen Fuß und fiele trotzdem nicht um, weil man zwischen anderen schwitzenden Körpern festsitzt wie in einem Schraubstock.... gegen Morgen hält der Zug auf einem großenleeren hellerleuchteten Bahnhof.... Paßkontrolle, GepäckkontrolleAlle Reisenden haben den Zug mit Gepäck und allem zu verlassen. Nach einiger Wartezeit auf dem Bahnhof von Eichenbergder Grenzstation zwischen dem deutschen England und dem deutschen Amerikaerscheinen einige lange amerikanische Soldaten. Sie kauen Kaugummi, gehen umher und kicken gegen Koffer und prüfen AusweiseGerhard ist nervös, er hat seinen Paß leicht verändert und sich als Landarbeiter statt als Mechaniker bezeichnet, um die Russen zu täuschen, aber alles geht gut.... Noch bevor es richtig hell ist, spielen sich auf den Unterwegsbahnhöfen dramatische Szenen ab. Der Zug ist schließlich nach wie vor überfüllt, auf diesen Bahnhöfen aber stehen verzweifelte Menschen, die ein ebenso großes Recht zu reisen haben wie wir. Eine verzweifelte Frau läuft von Abteilfenster zu Abteilfenster und schreit, sie müsse zu einem Sterbefall, aber noch nicht einmal, wer zu einem Sterbefall muß, kommt in diesen Zug, es sei denn, er hätte genug Kraft, sich hineinzuzwängenEin großer kräftiger Mann drängt sich in unser Abteiler boxt mit einem in der Türöffnung Stehenden, und er boxt besser, und auf diese Weise, die einzige Weise, kommt er herein.... Ein wenig später stampfen frierende Füße auf dem Dach, ja, sogar auf dem Dach reist man schon.... In der Lüneburger Heide fällt der erste Schnee dieses Herbstes, und die Menschen kommen vom Dach und von den Puffern und flehen, hereinkommen zu dürfensie sind weiß wie Baumwolle.... Als wir uns Hamburg nähernwird Gerhard nervös. Er glaubt nicht mehr an Amerika.... Er weiß, es gibt keine Schiffe, aber eingestanden hat er sich das noch nicht.+//"Am vorigen Sonntag [1947]um 9 Uhr morgens, hielten sich die die Temperaturen in der Lüneburger Heide unter 15 Grad CelsiusUm diese Zeit wurden in Munsterlager 1224 ehemalige Kriegsgefangene in 14 Waggons nach Ostdeutschland in Marsch gesetztIn einem Waggon hockten durchschnittlich 85 Leutesoweit sie hocken konnten. Die Hälfte der Wagen war nicht heizbar... "Soviel Leute habe ich noch nie in 14 Waggons untergebracht,"// äußerte der deutsche Transport-OffizierEx-Leutnant ''Horst Schuster''befriedigtUnd der englische Leit-Offizier meinte: //"Es ist ja nicht sehr schön, aber wenn einer aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause kann, würde er in einem Boot über den Ozean rudern."// 
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 +==== Auswandern und verdrängen ==== 
 +Die Verhältnisse in Deutschland waren so, daß viele Menschen [[wiki:liste_ausstellungen#Auswanderer |auswandern]] wollten//"Europamüde stehen Schlange"// titelte der //Spiegel// einen Beitrag am 22.3.1947doch Deutschen ist dieser Weg noch versperrt 
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 +Der Spiegel schrieb am 18.1.1947: //"Die Winterkurorte an der südfranzösischen Küste... bemühen sichdie Spuren der Kämpfe... zu verwischen. Auch hier räumen vor den großen Hotels die militärischen Posten den Platz, und goldbetreßte Portiers nehmen ihre Stelle wieder ein....Es wurde beschlossendie noch beschlagnahmten Hotels beschleunigt den Eigentümern zurückzugeben.... Die Holländer... haben von den rund 100000 Hotelbettenüber die Holland verfügte, jetzt fast drei Viertel wieder hergerichtet und hoffendaß die Schlachtfelder von Nymwegen und Arnheim fürs erste genug Anziehungskraft besitzenEinen Fremdenzustrom sondergleichen erlebt zur Zeit die Schweiz.... vor allem von Engländern und Amerikanern."//  
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 +//Die Fahrt//eine von Tigges herausgegebene "Europäische Reisezeitschrift"erscheint bereits seit 1947 und ist damit vermutlich die erste Reisezeitschrift nach dem KriegDie Sehnsucht nach der Ferne war also bereits da! Aber Reisen? Vielleicht die erste weltreisende Frau nach dem Krieg mag die Schweizer ''Baronesse Dagmar von Loë'' gewesen sein: //"Endlich war der Krieg zu Endeendlich hatten wir nach unendlichen Mühe die Visen erhalten, die Plätze reserviert und unsere Koffer gepacktDie Reise ging los: In zehn Monaten im Zickzack um die Welt."// Aber auch diese [[wiki:fahrt|Fahrt]] fand überwiegend mit dem Schiff stattvon Genua durchs Mittelmeer und den Suez-Kanal nach Indien, hinüber nach Australien und Neuseeland durch die Südsee nach Amerika. In Australien saß die Reisende mehrere Monate festda es keine freien Plätze in den Verkehrsmitteln gab.
  
-"Am vorigen Sonntag [1947], um 9 Uhr morgens, hielten sich die die Temperaturen in der Lüneburger Heide unter 15 Grad CelsiusUm diese Zeit wurden in Munsterlager 1224 ehemalige Kriegsgefangene in 14 Waggons nach Ostdeutschland in Marsch gesetzt. In einem Waggon hockten durchschnittlich 85 Leutesoweit sie hocken konnten. Die Hälfte der Wagen war nicht heizbar... "Soviel Leute habe ich noch nie in 14 Waggons untergebracht," äußerte der deutsche Transport-Offizier, Ex-Leutnant Horst Schusterbefriedigt. Und der englische Leit-Offizier meinte: "Es ist ja nicht sehr schön, aber wenn einer aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause kann, würde er in einem Boot über den Ozean rudern.+Im Januar 1947 waren noch sämtliche 22 Brücken zwischen Koblenz und Trier zerstörtWer von Mainz nach Wiesbaden wolltebrauchte einen Passierschein. Die Anzahl der Pkw in Niedersachsen (21.400) war erheblich geringer als 1938 (89.572)die Anzahl der Motorräder auf ein Zehntel (15 730) gesunken. Lediglich die Anzahl der Lkws war gering gestiegenauf 22.200. Und zu deren Betrieb wurden Benzinmarken ausgegeben
    
-Auswandern und verdrängen+==== Für Deutsche geschlossen ==== 
 +Doch nicht nur die Nöte des täglichen Lebens erschwerten das Reisen. Der österreichische ''Kanzler Leopold Figl'' meinte damals: //"Arbeit und Buße sind für die Deutschen im Augenblick die einzige Medizin - und nicht Erholung in Österreich."// 1949 durften deutsche Touristen, so es sie denn überhaupt gab, Österreich zwar durchqueren, aber nicht als Urlaubsland mißbrauchen! Man kann vermutlich davon ausgehen, daß der österreichische Bundeskanzler mit seiner Meinung international nicht allein dastand, und wenn sich schon die Österreicher so deutlich abgrenzten: Was erwartete dann die Deutschen in Holland, Belgien, Frankreich? Und vor allem: Geld! Bis zur Währungsreform 1949 herrschte in Deutschland der Tauschhandel vor, da soll ein Gästezimmer in Garmisch auch schon mal für zwei Zentner Brikett vergeben worden sein. 
  
-Die Verhältnisse in Deutschland waren so, daß viele Menschen auswandern wollten. "Europamüde stehen Schlange" titelte der Spiegel einen Beitrag am 22.3.1947doch Deutschen ist dieser Weg noch versperrt+Die Studentenvertretung der Münchener Uni annoncierte 1949 am Schwarzen Brett:// "Studienreise nach Italien - Zwei Wochen mit dem Fahrrad120 Mark alles inklusive."// Von den 1147 Bewerbern durften 15 schließlich mitVoraussetzungen: //"charakterlich einwandfrei, entnazifiziert, fachlich qualifiziert, würdig",// Besitz eines Fahrrads, eines Ersatzschlauches und Flickzeugs. Dazu mußten Einladungen vorliegen, Visa eingeholt und die Bestätigung abgegeben werden, daß man dem Gastland nicht auf der Tasche läge. Die Einfuhr von Deutscher Mark nach Italien war verboten
  
-Der Spiegel schrieb am 18.1.1947: "Die Winterkurorte an der südfranzösischen Küste... bemühen sich, die Spuren der Kämpfe... zu verwischenAuch hier räumen vor den großen Hotels die militärischen Posten den Platz, und goldbetreßte Portiers nehmen ihre Stelle wieder ein....Es wurde beschlossen, die noch beschlagnahmten Hotels beschleunigt den Eigentümern zurückzugeben.... Die Holländer... haben von den rund 100000 Hotelbetten, über die Holland verfügtejetzt fast drei Viertel wieder hergerichtet und hoffendaß die Schlachtfelder von Nymwegen und Arnheim fürs erste genug Anziehungskraft besitzenEinen Fremdenzustrom sondergleichen erlebt zur Zeit die Schweiz.... vor allem von Engländern und Amerikanern." +Mit solchen Problemen waren die Deutschen nicht alleine, wenngleich sie als Kriegsverlierer zusätzlich fremdbestimmten Zwängen, Regeln, Anweisungen ausgesetzt warenAlle Nationen litten unter den Nachwehen des KriegesAm 12. Oktober 1949 berichtet die //"abz-aktuelle bilderzeitung"//, ein in Düsseldorf erscheinendes, bundesweit vertriebenes Magazin, in einem ganzseitigen (!) Artikel//"Rucksack-Engländer flohen aus TirolPfundabwertung macht Strich durch die Urlaubspläne.... So waren es die günstigen Währungsbedingungen, die auch den ärmeren Kreisen der englischen Bevölkerung die Möglichkeit gaben, den Erholungsurlaub nach Tirol zu verlegen."// Die Finanzdecke scheint dünn gewesen zu sein, denn eine Abwertung des englischen Pfundes führte zur massenhaften Rückreise der Engländer.  
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 +==== Stellvertretend unterwegs ==== 
 +Magazine sind heute, und waren es auch damals, ein Frühwarnsystem für Strömungen, geheime und offene WünscheDer Bedarf nach Informationen und Bildern aus anderen Ländern war groß, und da Reisen für den Durchschnittsdeutschen kaum erschwinglich waren, wurden, kaum war die Währungsreform durchgeführt, Reporter stellvertretend auf die Reise geschicktDie //"Nord-West-Illustrierte"// schickte 1949 fünf Bildberichterstatter auf eine Reise um die WeltIm Vordergrund stehen Bildernur wenige Zeilen Text erläutern die Fotos von Einheimischen //("Drei schöne Zulu-Exemplare, aus Natal, die sich meiner Kamera präsentierten.")//; das Erleben der Reporter spielt kaum eine Rolle''CZagourski-Neumann'' war in Afrika unterwegs, ''I.F.KPeters'' im Fernen Osten 
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 +Schon im folgenden Jahr setzt die //Quick// noch eins drauf //("Dem Quick-Leser gehört die Welt")// und schickt zwei leidenschaftlich Reisende in die Welt hinaus: ''Dr. Ulrich Mohr'' berichtete unter anderem von der //"Anden-Kundfahrt 1950"// nach Bolivien; ''Dr. Herbert Tichy'' schrieb über die Sadhus am Ganges. Ihre Wege kreuzten sich in der indischen Stadt Hardwar. Mohr begab sich von dort auf die Heimreisefür Tichy begann die Reise erst. Im Juni 1951 schreibt Quick anläßlich eines Bildberichts von Tichy aus Ceylon: //"Tichy, einer der Weltreisenden, die für die großen Reportagenserie "Dem QUICK-Leser gehört die Welt" seit mehr als einem Jahr in vier Erdteilen unterwegs sind."// Und auch bei Quick: Fotos, Fotos, Fotos - Blitzlichter einer Reise, die nicht beschrieben wird. Nur das Exotische, Absurde, Ungewöhnliche, Unglaubliche wird gezeigt, mit drei, vier Sätzen kurz kommentiert, dann folgt der Schnitt zum nächsten Bild.  
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 +Für die Revue ist 1951 die Journalistin ''Herta Klier'' unterwegs und berichtet im April bereits zum dritten Mal aus dem Nahen Osten //("Ägypten - Gesehen mit den Augen einer Frau")//Auch in den folgenden Jahren ist sie unterwegs, dabei durchaus auf Globetrotter-Art: //"Die junge Berlinerin Herta Klier trampte um die halbe Welt, durchquerte den ganzen australischen Kontinent und kam nach elf Monaten glücklich wieder in Deutschland an... und das alles fast ohne Geld."// Sie kaufte sich ein Ticket und ging am 2Februar 1951 mit genau 182,50 Mark in der Tasche an Bord:// "Übertriebene Sorgen machte ich mir nicht, denn ich hatte arbeiten gelernt. Ich konnte nicht nur waschen, kochen und stricken, sondern auch holzhacken, Elektriker spielen, Kinder versorgen und Corned Beef verkaufen. Ich machte die angenehme Erfahrung, daß ich mit diesen Fähigkeiten im Ausland einigermaßen leben und mein Reisegeld verdienen konnte."// Sie reiste von Sydney über Canberra, Melbourne, Adelaide nach Alice Springs, Darwin, Cairns und zurück nach Sydney. Neu an ihren Berichten ist, daß erstmals persönliche Reiseerlebnisse im Zentrum stehen, der Alltag geschildert wird. 
  
-Die Fahrteine von Tigges herausgegebene "Europäische Reisezeitschrift"erscheint bereits seit 1947 und ist damit vermutlich die erste Reisezeitschrift nach dem KriegDie Sehnsucht nach der Ferne war also bereits da! Aber Reisen? Vielleicht die erste weltreisende Frau nach dem Krieg mag die Schweizer Baronesse Dagmar von Loë gewesen sein: "Endlich war der Krieg zu Endeendlich hatten wir nach unendlichen Mühe die Visen erhaltendie Plätze reserviert und unsere Koffer gepacktDie Reise ging los: In zehn Monaten im Zickzack um die Welt." Aber auch diese Fahrt fand überwiegend mit dem Schiff statt, von Genua durchs Mittelmeer und den Suez-Kanal nach Indienhinüber nach Australien und Neuseeland durch die Südsee nach Amerika. In Australien saß die Reisende mehrere Monate festda es keine freien Plätze in den Verkehrsmitteln gabIm Januar 1947 waren noch sämtliche 22 Brücken zwischen Koblenz und Trier zerstört. Wer von Mainz nach Wiesbaden wollte, brauchte einen Passierschein. Die Anzahl der PKW´s in Niedersachsen (21.400) war erheblich geringer als 1938 (89572), die Anzahl der Motorräder auf ein Zehntel (15 730) gesunkenLediglich die Anzahl der LKWs war gering gestiegenauf 22.200Und zu deren Betrieb wurden Benzinmarken ausgegeben+Klar ist aber auch: hier sind Stellvertreter unterwegsReisen bleibt weiterhin die Ausnahme: Das //DER// befördert 1950 lediglich 647 [[wiki:einzelne|Einzelreisende]]erst Erleichterungen in der Devisenzuteilung führen zu 2.481 beförderten Einzelreisenden im Folgejahr. Dennoch muß bereits absehbar gewesen sein, daß es sich unternehmerisch bald lohnen würdein das Reisegeschäft einzusteigen, denn //Touropa// wird 1951 gegründet, //Scharnow-Reisen// 1953, ebenso wie //Hummel//Das hat auch mit der Ausgabe von Pässen zu tun: Nach Kriegsende ging die Paßhoheit kraft Besatzungsrecht auf die //Alliierte Hohe Kommission// über, die dafür das "Combined Travel Board" einrichtete, dessen Hauptquartier bis zum 31.12.1952 bestand. In dieser Zeit unterlag die Bevölkerung starken Beschränkungenvon Reisefreiheit konnte nicht die Rede seinZwar bestand auch danach noch Paßzwang an den Grenzen, jedoch wurde dieser zügig gelockert und auch der Personalausweis als Reisedokument anerkanntAuch die Möglichkeit des Trampens kam zunehmend in Fragelief doch bereits am 4März 1950 der 100.000 Käfer vom Wolfsburger Band.
    
-Für Deutsche geschlossen+==== Lebensfreude gesucht ==== 
 +1951 erscheint "Mit offenen Augen", ein Sammelband mit Beiträgen zeitgenössischer deutscher Dichter zum Lob des Reisens. Im Vorwort stellt ''Ernst Glaeser'' einen Zusammenhang her zwischen dem Reisen als grundlegend friedlicher Tätigkeit und dem Ende aller Reisen während des Krieges:// "Es ist kein Zufall, daß während der Kriege das Reisen aufhört. Man ersetzt es durch Truppen- oder andere Menschenverschiebungen. Militärs sehen keine Landschaften, nur Terrain. Die Eisenbahn wird zum rollenden Material. Der Mensch wird es auch."// Das Buch erscheint (1951), da der Herausgeber glaubt, daß //"die Zeit des rollenden Menschenmaterials"// vorbei und es an der Zeit ist, //"das Reisen im eigenen Land wieder in das Bewußtsein einer zivilen *[[wiki:freude|Freude]] zu erheben"// und damit dem Frieden zu dienen. Im gleichen Jahr noch erscheint auch //"Glückliche Reise. Heiteres Wissen von den Reisegenüssen",// die Wiederauflage eines zuletzt 1939 erschienenen Titels. Hier meint der Autor: //"Noch nie haben so viele Menschen im Reisen Lebensfreude gesucht wie heute."// 
  
-Doch nicht nur die Nöte des täglichen Lebens erschwerten das Reisen. Der österreichische Kanzler Leopold Figl meinte damals: "Arbeit und Buße sind für die Deutschen im Augenblick die einzige Medizin - und nicht Erholung in Österreich." 1949 durften deutsche Touristen, so es sie denn überhaupt gab, Österreich zwar durchqueren, aber nicht als Urlaubsland mißbrauchen! Man kann vermutlich davon ausgehen, daß der österreichische Bundeskanzler mit seiner Meinung international nicht allein dastand, und wenn sich schon die Österreicher so deutlich abgrenztenWas erwartete dann die Deutschen in HollandBelgien, Frankreich? Und vor allemGeld! Bis zur Währungsreform 1949 herrschte in Deutschland der Tauschhandel vorda soll ein Gästezimmer in Garmisch auch schon mal für zwei Zentner Brikett vergeben worden sein+Nach hinreichend viel Arbeit und Buße wuchs der Anspruch auf Erholung, Reise und [[wiki:unterwegs-sein|Unterwegs-sein]], nur kosten durfte es nichts. In dieser Zeit häufen sich Reiseführer übers [[wiki:campen|Campen]]: Die angemessenen Antwort auf ein billiges Reisen und allealle waren mit dem Zelt unterwegsDer Arzt und der Buchhalterdie Verkäuferin und der Literaturstudent, der Lehrling und der Bergmann. Zelten ist in und die [[wiki:camping|Camping]]idee wirbt auch für romantische [[wiki:fahrt|Fahrt]]en zu zweitNur eines ist klar: Es soll kein Abenteuer sein! 
  
-Die Studentenvertretung der Münchener Uni annoncierte 1949 am Schwarzen Brett"Studienreise nach Italien - Zwei Wochen mit dem Fahrrad120 Mark alles inklusive." Von den 1147 Bewerbern durften 15 schließlich mit, Voraussetzungen: "charakterlich einwandfrei, entnazifiziertfachlich qualifiziert, würdig", Besitz eines Fahrrads, eines Ersatzschlauches und FlickzeugsDazu mußten Einladungen vorliegen, Visa eingeholt und die Bestätigung abgegeben werdendaß man dem Gastland nicht auf der Tasche lägeDie Einfuhr von Deutscher Mark nach Italien war verboten+Anders im Commonwealth''Jill Donnisthorpe'' war Mitglied des //Globetrotters Club// und reiste 1951 per Autostop von London nach JohannesburgDafür erhielt sie die //"Presidents Silver Medal... for the most interesting globetrotting feat of the year".// Das Reisen war damals für die Briten leichter als für andere Europäer, denn das Britische Imperium existierte noch und mit ihm dessen Verkehrsverbindungen; wer Glück hatte, den nahm die RAF schon mal in ihren Flugzeugen mit. 1954 veröffentlichte der Gründer des Globetrotters Club''Norman Ford''in Amerika den //"Bargain Guide to World Shipping Routes and Schedules"// als einen der ersten Reiseführer für Low-Budget-ReisenDie einzigen anderen Informationsquellen waren //Baedeker// und //Guide Bleu//diese zielten aber auf ein anderes Publikum. 1957 hielt eine ''Veronica Maclean'' einen Vortrag über //"To Persia by Landrover"//. 1957-58 verbrachte der Amerikaner ''Robert Christopher'' die meiste Zeit bei den Tuaregs, zog mit Kamelkarawanen durch die SaharaDer zweite Präsident des Globetrotter Clubs, ''Gordon Cooper'', publizierte vielfach über seine Reisen, bevor er 1965 in Nairobi ums Leben kam
  
-Mit solchen Problemen waren die Deutschen nicht alleinewenngleich sie als Kriegsverlierer zusätzlich fremdbestimmten ZwängenRegelnAnweisungen ausgesetzt warenAlle Nationen litten unter den Nachwehen des KriegesAm 12. Oktober 1949 berichtet die "abz-aktuelle bilderzeitung", ein in Düsseldorf erscheinendes, bundesweit vertriebenes Magazin, in einem ganzseitigen (!) Artikel: "Rucksack-Engländer flohen aus Tirol. Pfundabwertung macht Strich durch die Urlaubspläne.... So waren es die günstigen Währungsbedingungendie auch den ärmeren Kreisen der englischen Bevölkerung die Möglichkeit gabenden Erholungsurlaub nach Tirol zu verlegen." Die Finanzdecke scheint dünn gewesen zu sein, denn eine Abwertung des englischen Pfundes führte zur massenhaften Rückreise der Engländer+Diese Art der Berichterstattung, des stellvertretenden Reisens für all jene Emsigen, die am deutschen Wirtschaftswunder mitwirkten und denen die Unbeständigkeit der Kriegsjahre für lange Zeit die Lust genommen hattensich erneut der Unwägbarkeit der weiten Welt anzuvertrauenhielt lange Zeit vorwar keine journalistische EintagsfliegeWas sich ändert, ist der Stil der Berichterstattung1959 ist ''Rolf Italiaander'' unterwegs in Afrika für die Frankfurter Illustrierte und berichtet in der Serie //"Hexenkessel Westafrika"// als "Forschungsreisender"Statt der früher ein- bis zweiseitigen Bildartikel finden wir nun einen Artikel über fünf Seiten mit nur fünf Bildern und überwiegend TextBerichtet wird subjektiv aus der Sicht des Reisendenman erfährt auch einiges über seine Erlebnisse, doch dienen diese in erster Linie zur Vermittlung von Kenntnissen über das politische und kulturelle Geschehen in den bereisten Ländern.\\  
 +Im Juli 1960 berichtet ''Oscar Peter Brandt'' in der Serie //"Tagebuch eines Globetrotters"// über das Leben in fernen Ländernz.B. über Bolivien: //"Im teuersten Land der Welt"//. Wichtiger als subjektive Reiseeindrücke scheint hier der pädagogische Impetus: Der Leser soll etwas über das Land wissen, objektive Informationen über dessen politische, wirtschaftliche, kulturelle Verhältnisse erhalten.\\ Im Herbst beginnt die Serie ''Dr. Lindemanns'' über seine Einhand-Atlantik-Überquerung; im Winter startet ''Ludwig Koch-Isenburg'' seine Serie. Lindemann und Koch-Isenburg dürfen in jeder Fortsetzung mehrere Seiten füllen, Fotos sind nur noch Aufhänger und sie erzählen von ihren Erlebnissen: man fährt viel über ihre Reiseumstände, erhält darüber hinaus nur wenig Informationen
    
-Stellvertretend unterwegs+==== Gemischte Erfahrungen ==== 
 +''Hanna Suter'', eine schweizerische Missionarin, war den Krieg über in China und versuchte nach Kriegsende in die Schweiz zu gelangen. Aber erst //"Mitte Juli 1946 schien es, daß die Reisemöglichkeiten nun vorhanden seien von Shanghai nach Europa."// Und auch diese ersten Möglichkeiten standen für deutsche Missionarinnen noch nicht offen. Hanna Suter ist am 20. Oktober in Shanghai, erhält am 25. Oktober einen schweizerischen Paß. Das Gesundheitsamt verlangt Impfungen gegen Pest, Cholera, Gelbes Fieber, typhöse Fieber, Pocken und Typhus, //"aber sie waren so freundlich, zwei Sorten zu mischen, so daß es mit einem Stich ging".// Für Schiffspassagen sah es den ganzen November schlecht aus, alles belegt - doch dann kann sie das unbenutzte Flugticket einer anderen Missionarin übernehmen und fliegt am 11. Dezember von Hongkong nach Europa. Das Flugzeug von Shanghai nach Hongkong war spartanisch ausgerüstet: //"...innen ein einziger Hohlraum, das nackte Weißmetall... hinten die Ecke für allerlei Bedürfnisse durch einen Vorhang abgetrennt....Eine Reihe Sitze von Segeltuch ohne Armlehnen; für den Rücken Segeltuchstreifen..."// Fünf Tage dauert der Flug mit dem Wasserflugzeug über Rangoon, Karachi, Bashrah, Kairo und Marignane nach England. Übernachtet wird in den großen Hotels, von Kriegsschäden ist nirgends die Rede, erst bei einer Zwischenlandung auf Sizilien berichtet Hanna Suter von Minenräumarbeiten. Von ihr erfahren wir auch, daß [[wiki:auslaender|Ausländer]] nur mit Schweizer Währung in die Schweiz einreisen dürfen. 
  
-Magazine sind heute, und waren es auch damalsein Frühwarnsystem für Strömungengeheime und offene Wünsche. Der Bedarf nach Informationen und Bildern aus anderen Ländern war groß, und da Reisen für den Durchschnittsdeutschen kaum erschwinglich warenwurdenkaum war die Währungsreform durchgeführtReporter stellvertretend auf die Reise geschicktDie "Nord-West-Illustrierte" schickte 1949 fünf Bildberichterstatter auf eine Reise um die WeltIm Vordergrund stehen Bildernur wenige Zeilen Text erläutern die Fotos von Einheimischen ("Drei schöne Zulu-Exemplareaus Nataldie sich meiner Kamera präsentierten."); das Erleben der Reporter spielt kaum eine Rolle. C. Zagourski-Neumann war in Afrika unterwegsI.F.K. Peters im Fernen Osten+''Göran Schildt''in Schweden ansässiger Finne und Redakteur beim //Svenska Dagbladet//war von Mai bis November 1947 mit einer 6,5-Tonnen-Ketsch unterwegs ins Mittelmeer; die Reise verlief unproblematisch: //"Ich erklärte ihnen, daß das Leben in Finnland ganz frei und friedlich ist, und daß wir zu unserem Vergnügen auf dem Weg nach Frankreich sind."// Sie legen in den skandinavischen Häfen ansegeln nach Englanddurchqueren Frankreich auf den Kanälen - und erwähnen nirgends Spuren des Kriegesder doch gerade erst zwei Jahre vorbei istNur das nicht mehr existierende Zentrum von Le Havre ist eine Erwähnung wert, doch selbst deren Ruinen sind bereits weggeräumtSchildt hat GeldVerpflegung für mehrere Monateist unabhängiglediglich in Frankreich ist er in den Kanälen auf den rationierten Treibstoff angewiesendessen Beschaffung Probleme macht; im offenen Meer wird gesegelt
  
-Schon im folgenden Jahr setzt die Quick noch eins drauf ("Dem Quick-Leser gehört die Welt"und schickt zwei leidenschaftlich Reisende in die Welt hinaus: Dr. Ulrich Mohr berichtete unter anderem von der "Anden-Kundfahrt 1950" nach Bolivien; Dr. Herbert Tichy schrieb über die Sadhus am Ganges. Ihre Wege kreuzten sich in der indischen Stadt Hardwar. Mohr begab sich von dort auf die Heimreise, für Tichy begann die Reise erstIm Juni 1951 schreibt Quick anläßlich eines Bildberichts von Tichy aus Ceylon: "Tichy, einer der Weltreisenden, die für die großen Reportagenserie "Dem QUICK-Leser gehört die Welt" seit mehr als einem Jahr in vier Erdteilen unterwegs sind." Und auch bei Quick: Fotos, Fotos, Fotos Blitzlichter einer Reise, die nicht beschrieben wirdNur das ExotischeAbsurdeUngewöhnliche, Unglaubliche wird gezeigt, mit drei, vier Sätzen kurz kommentiert, dann folgt der Schnitt zum nächsten Bild.  +Der Engländer ''George Catlin'' hielt sich 1946 und 1947 in Indien auf. Er wollte klärenob die Lehre des ''Mahatma Ghandi'' neue politische Möglichkeiten für die Welt eröffnePolitisch-philosphisch-religiöse Betrachtungen stehen im Vordergrundüber die Reiseumstände ist leider nichts zu erfahren, nur das eine: Es gingTrotz aller Schwierigkeiten und widrigen Umstände fanden alle diese Reisenden immer wieder einen Wegkamen voran.   
-vergrösserte Ansicht +===== Quellen ===== 
 +==== Literatur ==== 
 +''CatlinGeorge '' \\  
 +Ahhimsa. Auf Ghandis Spuren\\   
 +Hamburg: A. Springer. 1949. (EA 1948). OHLn. 357p. 14 x 21. 1 Karte 
  
-Für die Revue ist 1951 die Journalistin Herta Klier unterwegs und berichtet im April bereits zum dritten Mal aus dem Nahen Osten ("Ägypten - Gesehen mit den Augen einer Frau"). Auch in den folgenden Jahren ist sie unterwegs, dabei durchaus auf Globetrotter-Art: "Die junge Berlinerin Herta Klier trampte um die halbe Weltdurchquerte den ganzen australischen Kontinent und kam nach elf Monaten glücklich wieder in Deutschland an... und das alles fast ohne Geld." Sie kaufte sich ein Ticket und ging am 2. Februar 1951 mit genau 182,50 Mark in der Tasche an Bord"Übertriebene Sorgen machte ich mir nicht, denn ich hatte arbeiten gelerntIch konnte nicht nur waschen, kochen und stricken, sondern auch holzhacken, Elektriker spielen, Kinder versorgen und Corned Beef verkaufenIch machte die angenehme Erfahrung, daß ich mit diesen Fähigkeiten im Ausland einigermaßen leben und mein Reisegeld verdienen konnte." Sie reiste von Sydney über Canberra, Melbourne, Adelaide nach Alice Springs, Darwin, Cairns und zurück nach SydneyNeu an ihren Berichten istdaß erstmals persönliche Reiseerlebnisse im Zentrum stehen, der Alltag geschildert wird. +''ChristiansenHanneloreJoachim Hein'' \\  
 +Komm mit wir zelten!  \\  
 +BerlinVEB Sportvlg1959OHLn137p10,5 x 15 
  
-Klar ist aber auch: hier sind Stellvertreter unterwegsReisen bleibt weiterhin die Ausnahme: Das DER befördert 1950 lediglich 647 Einzelreisende, erst Erleichterungen in der Devisenzuteilung führen zu 2481 beförderten Einzelreisenden im FolgejahrDennoch muß bereits absehbar gewesen sein, daß es sich unternehmerisch bald lohnen würde, in das Reisegeschäft einzusteigen, denn Touropa wird 1951 gegründet, Scharnow-Reisen 1953, ebenso wie HummelDas hat auch mit der Ausgabe von Pässen zu tunNach Kriegsende ging die Paßhoheit kraft Besatzungsrecht auf die Alliierte Hohe Kommission über, die dafür das "Combined Travel Board" einrichtete, dessen Hauptquartier bis zum 31.12.1952 bestand. In dieser Zeit unterlag die Bevölkerung starken Beschränkungen, von Reisefreiheit konnte nicht die Rede sein. Zwar bestand auch danach noch Paßzwang an den Grenzen, jedoch wurde dieser zügig gelockert und auch der Personalausweis als Reisedokument anerkannt. Auch die Möglichkeit des Trampens kam zunehmend in Frage, lief doch bereits am 4. März 1950 der 100.000 Käfer vom Wolfsburger Band.  +''BirnbaumLilian.''\\   
-  +Fahrende\\  
-Lebensfreude gesucht+WienMedus 1984 
  
-1951 erscheint "Mit offenen Augen"ein Sammelband mit Beiträgen zeitgenössischer deutscher Dichter zum Lob des ReisensIm Vorwort stellt Ernst Glaeser einen Zusammenhang her zwischen dem Reisen als grundlegend friedlicher Tätigkeit und dem Ende aller Reisen während des Krieges: "Es ist kein Zufall, daß während der Kriege das Reisen aufhörtMan ersetzt es durch Truppenoder andere MenschenverschiebungenMilitärs sehen keine Landschaften, nur TerrainDie Eisenbahn wird zum rollenden MaterialDer Mensch wird es auch." Das Buch erscheint (1951), da der Herausgeber glaubt, daß "die Zeit des rollenden Menschenmaterials" vorbei und es an der Zeit ist, "das Reisen im eigenen Land wieder in das Bewußtsein einer zivilen Freude zu erheben" und damit dem Frieden zu dienenIm gleichen Jahr noch erscheint auch "Glückliche ReiseHeiteres Wissen von den Reisegenüssen"die Wiederauflage eines zuletzt 1939 erschienenen Titels. Hier meint der Autor: "Noch nie haben so viele Menschen im Reisen Lebensfreude gesucht wie heute.+''Enzensberger,Hans Magnus (Hrsg.). ''  
 +Europa in TrümmernAugenzeugenberichte aus den Jahren 1944-1948.\\  
 +(=Die andere Bibliothek Bd65)Frankfurt/M.: Eichborn 1990OPppbd301p11,5 x 22
  
-Nach hinreichend viel Arbeit und Buße wuchs der Anspruch auf ErholungReise und Unterwegs-sein, nur kosten durfte es nichtsIn dieser Zeit häufen sich Reiseführer übers CampenDie angemessenen Antwort auf ein billiges Reisen und allealle waren mit dem Zelt unterwegs: Der Arzt und der Buchhalterdie Verkäuferin und der Literaturstudentder Lehrling und der BergmannZelten ist in und die Campingidee wirbt auch für romantische Fahrten zu zweit. Nur eines ist klar: Es soll kein Abenteuer sein! +''GlaeserErnst (Hrsg.). '' \\  
 +Mit offenen Augen. Ein Reisebuch deutscher Dichter.\\  
 + Stuttgart:J.G. Cotta. 1951. 1.A.. OLnOU. 255p. 11,5 x 19. 16 Tflldavon 1 farb
  
-Anders im Commonwealth: Jill Donnisthorpe war Mitglied des Globetrotters Club und reiste 1951 per Autostop von London nach JohannesburgDafür erhielt sie die "Presidents Silver Medal... for the most interesting globetrotting feat of the year"Das Reisen war damals für die Briten leichter als für andere Europäer, denn das Britische Imperium existierte weiterhin und mit ihm dessen Verkehrsverbindungen; wer Glück hatte, den nahm die RAF schon mal in ihren Flugzeugen mit1954 veröffentlichte der Gründer des Globetrotters Club, Norman Ford, in Amerika den "Bargain Guide to World Shipping Routes and Schedules" als einen der ersten Reiseführer für Low-Budget-ReisenDie einzigen anderen Informationsquellen waren Baedeker und Guide Bleu, zielten aber auf ein anderes Publikum1957 hielt eine Veronica Maclean einen Vortrag über "To Persia by Landrover"1957-58 verbrachte der Amerikaner Robert Christopher die meiste Zeit bei den Tuaregs, zog mit Kamelkarawanen durch die SaharaDer zweite Präsident des Globetrotter Clubs, Gordon Cooper, publizierte vielfach über seine Reisen, bevor er 1965 in Nairobi ums Leben kam+''Günther, Herbert. '' \\  
 +Glückliche Reise. Heiteres Wissen von den Reisegenüssen \\  
 +München: WLangewiesche-Brandt19391.A.. OPppbd149p12 x 19Hamburg: A. Springer. 1949. (EA 1948). OHLn. 357p. 14 x 211 Karte 
  
-Diese Art der Berichterstattungdes stellvertretenden Reisens für all jene Emsigen, die am deutschen Wirtschaftswunder mitwirkten und denen die Unbeständigkeit der Kriegsjahre für lange Zeit die Lust genommen hattensich erneut der Unwägbarkeit der weiten Welt anzuvertrauenhielt lange Zeit vorwar keine journalistische EintagsfliegeWas sich ändertist der Stil der Berichterstattung1959 ist Rolf Italiaander unterwegs in Afrika für die Frankfurter Illustrierte und berichtet in der Serie "Hexenkessel Westafrika" als "Forschungsreisender"Statt der früher einbis zweiseitigen Bildartikel finden wir nun einen Artikel über fünf Seiten mit nur fünf Bildern und überwiegend TextBerichtet wird subjektiv aus der Sicht des Reisendenman erfährt auch einiges über seine Erlebnissedoch dienen diese in erster Linie zur Vermittlung von Kenntnissen über das politische und kulturelle Geschehen in den bereisten LändernIm Juli 1960 berichtet Oscar Peter Brandt in der Serie "Tagebuch eines Globetrotters" über das Leben in fernen Ländernz.Büber Bolivien"Im teuersten Land der Welt"Wichtiger als subjektive Reiseeindrücke scheint hier der pädagogische ImpetusDer Leser soll etwas über das Land wissenobjektive Informationen über dessen politischewirtschaftlichekulturelle Verhältnisse erhaltenIm Herbst beginnt die Serie DrLindemanns über seine Einhand-Atlantik-Überquerung; im Winter startet Ludwig Koch-Isenburg seine SerieLindemann und Koch-Isenburg dürfen in jeder Fortsetzung mehrere Seiten füllenFotos sind nur noch Aufhänger und sie erzählen von ihren Erlebnissen: man fährt viel über ihre Reiseumständeerhält darüber hinaus nur wenig Informationen.  +''HenkelsWalter. '' \\  
-  +Alltag in Trizonesien. Spurensicherungdabei an die Enkel denkend.  \\  
-Gemischte Erfahrungen+Düsseldorf: Econ. 1986 1.A. 256p. OLn, OU. 14 x 22. 16 SW-Tfll.  
 + 
 +''Hiller, Peter. '' \\  
 +[[wiki:camping|Camping]] für dich und mich.  \\  
 +München: W. Andermann. 1957. OBrosch. 95p. 17 x 18,5. Textzeichn. v. Lilo Rasch-Nägele  
 + 
 +''Loë, Dagmar von '' \\  
 +In 10 Monaten im Zickzack um die Welt \\  
 +Luzern: Selbstverlag 1949 OLn63p16 SW-Tfll 
 + 
 +''MedertKlaus; Süßmuth, Werner'' \\  
 +Paß- und PersonalausweisrechtBd. 2: Paßrecht.  \\  
 +Köln: Dt. Gemeindeverlag  
 + 
 +''Meiss-Teuffen, Hans von''\\   
 +Ziel im Wind. Auf [[wiki:fahrt|Fahrt]] durch Länder und Meere\\  
 +UllsteinWien195114,5 x 22,5cm, OLn, 360, 54 SW-Abba16 Tfll, 5 Karten  
 + 
 +''Ordemann, Hans-Joachim. '' \\  
 +Paßrecht. Ausweisrecht. Melderecht des Bundes. Textausgabe mit Erläuterungen. \\   
 +MünchenC.H. Beck. 1988.   
 + 
 +''Schildt, Göran. '' \\  
 +Die Wunschreise.  \\  
 +Wiesbaden: F.A. Brockhaus. 1956. 2.A.. OLn. 263p. 15 x 23,5. 24 SW-Abb. a. 24 Tfll, 3 Ktn.  
 + 
 +''Scholz, H.(orst) E.(gon). '' \\  
 +Tausend Türen in die weite Welt. Beiträge zur Geschichte der deutschen Reisebüros.  \\  
 +Frankfurt/M.Reisebüro Bulletin. 1984. OBrosch. 240p  
 + 
 +''SuterHanna. '' \\  
 +Ein Flug in die Heimat.  \\  
 +Thayngen/Schaffhsn.: Selbstvlg.1947. OBrosch. 53 S,13 x 19. 3 Fotos  
 + 
 +''WiskemannElizabeth'' \\  
 +Erlebtes EuropaEin politischer Reisebericht 1930 bis 1945.\\  
 +Bern: Hallwag 1969  
 + 
 +==== Zeitschriften ==== 
 +ZEIT-Magazin: Die Trips der frühen Jahre. (Ca. 1980)  
 + 
 +abz-aktuelle bilderzeitung 2. Jg. (1949) 41, 4  
 + 
 +Nord-West-Illustrierte 3Jg. (1949) 44, 14-15  
 + 
 +Quick3. Jg. (1950) 20652-655  
 + 
 +Quick, 4Jg. (1951) 22, 714-715  
 + 
 +Revue, (1950) 15, 30-31, (1952), 4, 7, 9-11  
 + 
 +Globe 44 (1995) 5, 11 
  
-Hanna Suter, eine schweizerische Missionarin, war den Krieg über in China und versuchte nach Kriegsende in die Schweiz zu gelangenAber erst "Mitte Juli 1946 schien es, daß die Reisemöglichkeiten nun vorhanden seien von Shanghai nach Europa." Und auch diese ersten Möglichkeiten standen für deutsche Missionarinnen noch nicht offen. Hanna Suter ist am 20. Oktober in Shanghaierhält am 25. Oktober einen schweizerischen Paß. Das Gesundheitsamt verlangt Impfungen gegen Pest, Cholera, Gelbes Fieber, typhöse Fieber, Pocken und Typhus, "aber sie waren so freundlich, zwei Sorten zu mischen, so daß es mit einem Stich ging". Für Schiffspassagen sah es den ganzen November schlecht aus, alles belegt doch dann kann sie das unbenutzte Flugticket einer anderen Missionarin übernehmen und fliegt am 11. Dezember von Hongkong nach Europa. Das Flugzeug von Shanghai nach Hongkong war spartanisch ausgerüstet: "...innen ein einziger Hohlraum, das nackte Weißmetall... hinten die Ecke für allerlei Bedürfnisse durch einen Vorhang abgetrennt....Eine Reihe Sitze von Segeltuch ohne Armlehnen; für den Rücken Segeltuchstreifen..." Fünf Tage dauert der Flug mit dem Wasserflugzeug über Rangoon, Karachi, Bashrah, Kairo und Marignane nach England. Übernachtet wird in den großen Hotels, von Kriegsschäden ist nirgends die Rede, erst bei einer Zwischenlandung auf Sizilien berichtet Hanna Suter von Minenräumarbeiten. Von ihr erfahren wir auch, daß Ausländer nur mit Schweizer Währung in die Schweiz einreisen dürfen. +Frankfurter Illustrierte 47 (19.12.1959) 5122-28 
  
-Göran Schildtin Schweden ansässiger Finne und Redakteure beim Svenska Dagbladet, war von Mai bis November 1947 mit einer 6,5-Tonnen-Ketsch unterwegs ins Mittelmeerdie Reise verlief unproblematisch: "Ich erklärte ihnen, daß das Leben in Finnland ganz frei und friedlich ist, und daß wir zu unserem Vergnügen auf dem Weg nach Frankreich sind." Sie legen in den skandinavischen Häfen an, segeln nach Englanddurchqueren Frankreich auf den Kanälen und erwähnen nirgends Spuren des Kriegesder doch gerade erst zwei Jahre vorbei istNur das nicht mehr existierende Zentrum von le Havre ist eine Erwähnung wertdoch selbst deren Ruinen sind bereits weggeräumtSchildt hat GeldVerpflegung für mehrere Monate, ist unabhängig, lediglich in Frankreich ist er in den Kanälen auf den rationierten Treibstoff angewiesen, dessen Beschaffung Probleme machtim offenen Meer wird gesegelt+Frankfurter Illustrierte 48 (9.7.1960) 2842-43; 48 (25.6.1960) 2640-4148 (2.7.1960) 2730-31; 48 (24.9.1960) 3913-19; 48 (1.10.1960) 4030-38; 48 (22.10.1960) 4347-5148 (17.12.1960) 51, 32-36 
  
-Der Engländer George Catlin hielt sich 1946 und 1947 in Indien auf. Er wollte klären, ob die Lehre des Mahatma Ghandi neue politische Möglichkeiten für die Welt eröffne. Politisch-philosphisch-religiöse Betrachtungen stehen im Vordergrund, über die Reiseumstände ist leider nichts zu erfahren, nur das eine: Es ging. Trotz aller Schwierigkeiten und widrigen Umstände fanden alle diese Reisenden immer wieder einen Weg, kamen voran.  +Spiegel, Jahrgänge 1947-1949  
  
 +<html><img src="https://vg09.met.vgwort.de/na/8a8120d2c5b84e77a37e0c9a74af5c1f" width="1" height="1" alt=""> </html>
wiki/reisen_nach_dem_zweiten_weltkrieg.1539268661.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/12/07 15:17 (Externe Bearbeitung)

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