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wiki:ins_herz_von_asien

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wiki:ins_herz_von_asien [2021/09/11 13:34] norbertwiki:ins_herz_von_asien [2024/05/02 02:49] (aktuell) – [Ein Reise-Vorbericht] norbert
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 ====== Auf neuen Wegen ins Herz von Asien ====== ====== Auf neuen Wegen ins Herz von Asien ======
 ===== Ein Reise-Vorbericht ===== ===== Ein Reise-Vorbericht =====
-von ''Norbert Lüdtke'', zuerst erschienen im TROTTER 1999+ 
 +von ''[[wiki:norbert_luedtke|Norbert Lüdtke]]'', zuerst erschienen im TROTTER 1999
  
 Reisen und lesen – diese beiden Leidenschaften verbinden sich hier zu einem Bericht der besonderen Art. Auf der von uns geplanten Reiseroute sind schon viele gewandert und manche haben ihre Reise in Büchern beschrieben. Viele dieser Bücher fanden sich in meinem Archiv und was lag näher, als in Gedanken und Phantasien schon einmal vorauszureisen? Dieser Reisevorbericht verflicht entlang unserer geplanten Reiseroute bekannte und unbekannte, aber jedenfalls authentische Berichte früherer Reisender und deutet so ein Stück Reisegeschichte an. Reisen und lesen – diese beiden Leidenschaften verbinden sich hier zu einem Bericht der besonderen Art. Auf der von uns geplanten Reiseroute sind schon viele gewandert und manche haben ihre Reise in Büchern beschrieben. Viele dieser Bücher fanden sich in meinem Archiv und was lag näher, als in Gedanken und Phantasien schon einmal vorauszureisen? Dieser Reisevorbericht verflicht entlang unserer geplanten Reiseroute bekannte und unbekannte, aber jedenfalls authentische Berichte früherer Reisender und deutet so ein Stück Reisegeschichte an.
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 Doch den unwirtlichen Wüsten und Gebirgen trotzten Reisende nicht erst seit Herodot oder Alexander dem Großen, der bis ins Industal gelangte. Die Berichte deutscher Persienreisender aus dem [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 17. Jahrhundert|17.]] bis [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] stellte ''Herbert Scurla'' zusammen in //»Im Reich des Königs der Könige«// (Verlag der Nation, Berlin 1977) und begibt sich auf die Spuren von ''Adam Olearius, Engelbert Kaempfer, Carsten Niebuhr'' und ''Heinrich Brugsch''.\\ Letzterer schildert die //»Reise der Königlich-preussischen Gesandtschaft nach Persien 1860 und 1861«// in zwei dicken Bänden mit zahlreichen Holzschnitten und Lithochromieen, vergißt aber auch nicht medizinische Ratschläge für den Reisenden in 23 Regeln: //»Früchte sind im ersten Jahr [!] des Aufenthalts mäßig zu genießen … Obst nach der Mahlzeit wird nicht vertragen … Ist der Körper durch Bewegung erhitzt, darf Wasser nicht getrunken, auch nicht gebadet werden. Sonst ist Fieber unvermeidlich.«//\\  Doch den unwirtlichen Wüsten und Gebirgen trotzten Reisende nicht erst seit Herodot oder Alexander dem Großen, der bis ins Industal gelangte. Die Berichte deutscher Persienreisender aus dem [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 17. Jahrhundert|17.]] bis [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] stellte ''Herbert Scurla'' zusammen in //»Im Reich des Königs der Könige«// (Verlag der Nation, Berlin 1977) und begibt sich auf die Spuren von ''Adam Olearius, Engelbert Kaempfer, Carsten Niebuhr'' und ''Heinrich Brugsch''.\\ Letzterer schildert die //»Reise der Königlich-preussischen Gesandtschaft nach Persien 1860 und 1861«// in zwei dicken Bänden mit zahlreichen Holzschnitten und Lithochromieen, vergißt aber auch nicht medizinische Ratschläge für den Reisenden in 23 Regeln: //»Früchte sind im ersten Jahr [!] des Aufenthalts mäßig zu genießen … Obst nach der Mahlzeit wird nicht vertragen … Ist der Körper durch Bewegung erhitzt, darf Wasser nicht getrunken, auch nicht gebadet werden. Sonst ist Fieber unvermeidlich.«//\\ 
 //»Zu Land nach Indien durch Persien, Seistan, Belutschistan«// will ''Sven Hedin'' 1905/06: //»Aber ich vermeide absichtlich die Wege, die der Fuß anderer betreten hat. Und das ist heutzutage gar nicht so leicht, denn Persien ist nach allen Richtungn hin schon von Europäern durchquert worden.«// (2 Bde., F.A. Brockhaus, Leipzig 1910) Viele Abschnitte von Hedins Route decken sich mit unserem Weg, auch er kommt vom Schwarzen Meer über Erzurum und Täbris, über Teheran und Mesched, selbst Buchara und Samarkand lagen auf seinem Weg, abseits des Weges nach Indien. Die mehr als 300 Aufnahmen erlauben es,  [[wiki:landschaft|Landschaft]], Dörfer und Menschen mit 90 Jahren Abstand zu betrachten und zu vergleichen.\\  //»Zu Land nach Indien durch Persien, Seistan, Belutschistan«// will ''Sven Hedin'' 1905/06: //»Aber ich vermeide absichtlich die Wege, die der Fuß anderer betreten hat. Und das ist heutzutage gar nicht so leicht, denn Persien ist nach allen Richtungn hin schon von Europäern durchquert worden.«// (2 Bde., F.A. Brockhaus, Leipzig 1910) Viele Abschnitte von Hedins Route decken sich mit unserem Weg, auch er kommt vom Schwarzen Meer über Erzurum und Täbris, über Teheran und Mesched, selbst Buchara und Samarkand lagen auf seinem Weg, abseits des Weges nach Indien. Die mehr als 300 Aufnahmen erlauben es,  [[wiki:landschaft|Landschaft]], Dörfer und Menschen mit 90 Jahren Abstand zu betrachten und zu vergleichen.\\ 
-Wenige Jahre nach dem Ende des ersten Weltkriegs öffnen sich die Grenzen wieder für deutsche Reisende und ab Mitte der zwanziger Jahre ist die Tour durch Persien auch für Individualreisende kein unmögliches Unternehmen. ''Kurt Faber'' wandert //»Mit dem Rucksack nach Indien«// (Wunderlich, Tübingen 1927). An der persischen Grenze schallt ihm ein //„Wer da?“// entgegen – auf deutsch! ''Heinrich Schmelzle'' aus Katharinenfeld versieht zu dieser Zeit den Grenzdienst und erzählt von deutsche Rucksackreisenden: //„Immer von Zeit zu Zeit kommt so einer über die Grenze. Sogar die Perser auf der Wache haben von ihnen schon Deutsch gelernt.“// Nach Persien reiste ''Max Kirsch'' bereits um 1924 und beschrieb seine Tour //»Im Lastkraftwagen von Berlin nach Ispahan. Deutsches Nachkriegserleben im Orient«// (Koehler, Berlin 1927). Über Wien, Budapest, Belgrad, Konstantinopel, mit dem Schiff nach Samsun und quer durch Kurdistan nach Mosul fuhr er mit einem N.A.G. Kraftwagen. Dort hatte er sich mit der von Indien kommenden ''Annemarie von Nathusius'' verabredet, die ebenfalls ein Buch über die Reise schreibt:// »Im Auto durch Persien«// (C. Reissner, Dresden 1926). ''C.Z. Klötzel'' begibt sich auf //»Die Straße der Zehntausend. Mit der Schmude-Expedition nach Persien«// (Enoch, Hamburg 1925). Der Expeditionsleiter lockte Landwirte und Techniker mit der Aussicht auf eine goldene Zukunft nach Persien, die Expedition endete aber mit einem wirtschaftlichen Fiasko für alle Beteiligten. Sie alle haben vielleicht ''E.A. Powell'' getroffen, der ebenfalls unterwegs war //»Mit Auto und Kamel zum Pfauenthron«// (Vowinckel, Berlin 1924). Der britische Stabschef in Konstantinopel ermutigte ihn nicht:// »Natürlich können Sie wohlbehalten durchkommen … aber wir können für Ihre Sicherheit nicht garantieren. Alles, was wir versprechen können, ist, daß wir für den Fall Ihrer Gefangennahme durch die Beduinen ein paar Flieger aussenden und das Bettelpack ordentlich mit Bomben bewerfen, bis sie euch laufen lassen.«//+Wenige Jahre nach dem Ende des ersten Weltkriegs öffnen sich die Grenzen wieder für deutsche Reisende und ab Mitte der zwanziger Jahre ist die [[wiki:tour|Tour]] durch Persien auch für Individualreisende kein unmögliches Unternehmen. ''Kurt Faber'' wandert //»Mit dem Rucksack nach Indien«// (Wunderlich, Tübingen 1927). An der persischen Grenze schallt ihm ein //„Wer da?“// entgegen – auf deutsch! ''Heinrich Schmelzle'' aus Katharinenfeld versieht zu dieser Zeit den Grenzdienst und erzählt von deutsche Rucksackreisenden: //„Immer von Zeit zu Zeit kommt so einer über die Grenze. Sogar die Perser auf der Wache haben von ihnen schon Deutsch gelernt.“// Nach Persien reiste ''Max Kirsch'' bereits um 1924 und beschrieb seine [[wiki:tour|Tour]] //»Im Lastkraftwagen von Berlin nach Ispahan. Deutsches Nachkriegserleben im Orient«// (Koehler, Berlin 1927). Über Wien, Budapest, Belgrad, Konstantinopel, mit dem Schiff nach Samsun und quer durch Kurdistan nach Mosul fuhr er mit einem N.A.G. Kraftwagen. Dort hatte er sich mit der von Indien kommenden ''Annemarie von Nathusius'' verabredet, die ebenfalls ein Buch über die Reise schreibt:// »Im Auto durch Persien«// (C. Reissner, Dresden 1926). ''C.Z. Klötzel'' begibt sich auf //»Die Straße der Zehntausend. Mit der Schmude-Expedition nach Persien«// (Enoch, Hamburg 1925). Der Expeditionsleiter lockte Landwirte und Techniker mit der Aussicht auf eine goldene Zukunft nach Persien, die Expedition endete aber mit einem wirtschaftlichen Fiasko für alle Beteiligten. Sie alle haben vielleicht ''E.A. Powell'' getroffen, der ebenfalls unterwegs war //»Mit Auto und Kamel zum Pfauenthron«// (Vowinckel, Berlin 1924). Der britische Stabschef in Konstantinopel ermutigte ihn nicht:// »Natürlich können Sie wohlbehalten durchkommen … aber wir können für Ihre Sicherheit nicht garantieren. Alles, was wir versprechen können, ist, daß wir für den Fall Ihrer Gefangennahme durch die [[wiki:beduinen|Beduinen]] ein paar Flieger aussenden und das Bettelpack ordentlich mit Bomben bewerfen, bis sie euch laufen lassen.«//
  
 ==== Teil 2: Durchs wilde Turkestan ==== ==== Teil 2: Durchs wilde Turkestan ====
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 Im russischen Sprachgebrauch wird das Gebiet als Mittelasien bezeichnet. Geographisch bezeichnet es eine von Gebirgen und Wüsten umgebene Region, deren Flüsse in abflußlose Seen münden: Aralsee, Isyk-Kul, Kaspisches Meer – die Reste eines früheren zentralasiatischen Meeres.\\  Im russischen Sprachgebrauch wird das Gebiet als Mittelasien bezeichnet. Geographisch bezeichnet es eine von Gebirgen und Wüsten umgebene Region, deren Flüsse in abflußlose Seen münden: Aralsee, Isyk-Kul, Kaspisches Meer – die Reste eines früheren zentralasiatischen Meeres.\\ 
 Buchara und Samarkand, Kara Kum und Kysyl Kum – die Namen scheinen eher Tolkiens »Herrn der Ringe« zu entstammen als einer ehemaligen Sowjetprovinz. Von hier aus herrschten Dschingis Khan und Tamerlan (auch Timur genannt) über ein Reich, das sich von Istanbul bis Peking, von Moskau bis Delhi erstreckte.\\  Buchara und Samarkand, Kara Kum und Kysyl Kum – die Namen scheinen eher Tolkiens »Herrn der Ringe« zu entstammen als einer ehemaligen Sowjetprovinz. Von hier aus herrschten Dschingis Khan und Tamerlan (auch Timur genannt) über ein Reich, das sich von Istanbul bis Peking, von Moskau bis Delhi erstreckte.\\ 
-Hier bündelten sich über Jahrtausende alle wichtigen Landwege zwischen Europa, Asien und Afrika. Doch so offen dieses Gebiet für den Handel war, für die Kaufleute und Karawanen aus Asien, so sehr schloß es sich ab gegen Reisende aus dem Westen. ''Marco Polo'' war im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] am Hofe Tamerlans, und hundert Jahre später ein spanischer Diplomat, ''Clavigo'', und wieder 200 Jahre später ein englischer Kaufmann, ''Jenkinson'', dann verstrichen erneut 200 Jahre bis ''Colonel Harber'' 1732 und der Kaufmann ''Thompson'' 1741 den Weg hierher finden.\\ +Hier bündelten sich über [[wiki:reisegenerationen|Jahrtausende]] alle wichtigen Landwege zwischen Europa, Asien und Afrika. Doch so offen dieses Gebiet für den Handel war, für die Kaufleute und Karawanen aus Asien, so sehr schloß es sich ab gegen Reisende aus dem Westen. ''Marco Polo'' war im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] am Hofe Tamerlans, und hundert Jahre später ein spanischer Diplomat, ''Clavigo'', und wieder 200 Jahre später ein englischer Kaufmann, ''Jenkinson'', dann verstrichen erneut 200 Jahre bis ''Colonel Harber'' 1732 und der Kaufmann ''Thompson'' 1741 den Weg hierher finden.\\ 
 Im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] häufen sich die (unerwünschten) Besuche der Europäer. Von Norden rückten die Grenzen des sich ausdehnenden russischen Zarenreiches näher, von Süden die Einflußzonen des britischen Kolonialreiches. Da lag der Verdacht nahe, daß Besucher nicht nur Gäste sind, sondern Vorboten, Schnüffler, Agenten, Spione. Was so falsch gar nicht war. Doch der Khan von Buchara scheint in besonderem Maße affektiv gesteuert worden zu sein, wechselten doch bei ihm etliche Reisende ständig zwischen Folterkammer und Diwan; die meisten verloren schließlich den Kopf. Auf eigene Faust reiste ''Hermann Vámbéry'' 1863 von Teheran nach Transoxanien, das Land zwischen den Strömen Amu-Darja und Syr-Darja (früher: Oxus und Jaxartes), verkleidet als bettelnder Derwisch: //»Man nannte mich Reschid Effendi«// (Leipzig: F.A. Brockhaus 1990). Als 16jähriger sprach Vámbéry bereits fünf Sprachen. Es kamen dann noch etliche hinzu, denn er suchte die Wurzeln der Ungarn in Mittelasien auf sprachlichem Wege.\\  Im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] häufen sich die (unerwünschten) Besuche der Europäer. Von Norden rückten die Grenzen des sich ausdehnenden russischen Zarenreiches näher, von Süden die Einflußzonen des britischen Kolonialreiches. Da lag der Verdacht nahe, daß Besucher nicht nur Gäste sind, sondern Vorboten, Schnüffler, Agenten, Spione. Was so falsch gar nicht war. Doch der Khan von Buchara scheint in besonderem Maße affektiv gesteuert worden zu sein, wechselten doch bei ihm etliche Reisende ständig zwischen Folterkammer und Diwan; die meisten verloren schließlich den Kopf. Auf eigene Faust reiste ''Hermann Vámbéry'' 1863 von Teheran nach Transoxanien, das Land zwischen den Strömen Amu-Darja und Syr-Darja (früher: Oxus und Jaxartes), verkleidet als bettelnder Derwisch: //»Man nannte mich Reschid Effendi«// (Leipzig: F.A. Brockhaus 1990). Als 16jähriger sprach Vámbéry bereits fünf Sprachen. Es kamen dann noch etliche hinzu, denn er suchte die Wurzeln der Ungarn in Mittelasien auf sprachlichem Wege.\\ 
  
wiki/ins_herz_von_asien.1631367265.txt.gz · Zuletzt geändert: 2021/09/11 13:34 von norbert

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