Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


wiki:bergwelt

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen der Seite angezeigt.

Link zu der Vergleichsansicht

Beide Seiten, vorherige ÜberarbeitungVorherige Überarbeitung
Nächste ÜberarbeitungBeide Seiten, nächste Überarbeitung
wiki:bergwelt [2024/01/27 12:05] – [Dem Himmel näher kommen - der Berg Sinai] norbertwiki:bergwelt [2024/01/27 12:15] – [Auf die Berge steigen - Vulcano & Mont Ventoux] norbert
Zeile 93: Zeile 93:
 Der //Mont Ventoux// hat keine markante Form wie der Mont Aiguille aber er ist »der Berg, der von Weitem zu sehen ist« ((''Paul Peyre''\\ //Toponymie du Ventoux//.\\ 93 S. Brantes 2012: Les Éd. du Toulourenc, Esprit des lieux)), stellt also ebenso eine Singularität in der Landschaft dar und dient damit als Merkmal zur Orientierung. **1336** wandert der italienische Dichter und Chronist ''Francesco Petrarca'' (1304–1374) mit seinem Bruder und zwei Dienern auf den //Mont Ventoux// (1909 m) in der Provence und schreibt darüber (angeblich) am 26. April 1336 in einem Brief an ''Dionysius von Borgo San Sepolcro '' ((''Francesco Petrarca''\\ //Die Besteigung des Mont Ventoux : Franceso Petrarca an Francesco Dionigi von Borgo San Sepolcro in Paris.//\\ [Kurt Steinmann] 67 S. lat./deutsch Stuttgart 2015: Reclam)). Diese Wanderung gilt heute als anstrengend, aber einfach, beispielsweise in fünf Stunden über 14 km mit rund 1.200 Metern Aufstieg und Abstieg, während Petrarca aus //Maloncenes// kommend in einer Hirtenhütte vor Sonnenaufgang aufbrach durch die weitgehend ungebahnte [[wiki:wildnis|Wildnis]] und nachts bei Mondschein wieder in der Hütte eintraf. Der //Mont Ventoux// hat keine markante Form wie der Mont Aiguille aber er ist »der Berg, der von Weitem zu sehen ist« ((''Paul Peyre''\\ //Toponymie du Ventoux//.\\ 93 S. Brantes 2012: Les Éd. du Toulourenc, Esprit des lieux)), stellt also ebenso eine Singularität in der Landschaft dar und dient damit als Merkmal zur Orientierung. **1336** wandert der italienische Dichter und Chronist ''Francesco Petrarca'' (1304–1374) mit seinem Bruder und zwei Dienern auf den //Mont Ventoux// (1909 m) in der Provence und schreibt darüber (angeblich) am 26. April 1336 in einem Brief an ''Dionysius von Borgo San Sepolcro '' ((''Francesco Petrarca''\\ //Die Besteigung des Mont Ventoux : Franceso Petrarca an Francesco Dionigi von Borgo San Sepolcro in Paris.//\\ [Kurt Steinmann] 67 S. lat./deutsch Stuttgart 2015: Reclam)). Diese Wanderung gilt heute als anstrengend, aber einfach, beispielsweise in fünf Stunden über 14 km mit rund 1.200 Metern Aufstieg und Abstieg, während Petrarca aus //Maloncenes// kommend in einer Hirtenhütte vor Sonnenaufgang aufbrach durch die weitgehend ungebahnte [[wiki:wildnis|Wildnis]] und nachts bei Mondschein wieder in der Hütte eintraf.
  
-Seit 1860 ''Jacob Burckhardt'' in seiner //Kultur der Renaissance in Italien// pathetisch  über dieses Ereignis  schwelgte, ließ die Begeisterung darüber nicht nach. Petrarca wurde zum »frühesten modernen Menschen« ((Burckhardt: «Vollständig und mit grösster Entschiedenheit bezeugt dann Petrarca, einer der frühesten völlig modernen Menschen, die Bedeutung der [[wiki:landschaft|Landschaft]] für die erregbare Seele» )). Tatsächlich hat Petrarca keinen authentischen Tagesbericht geschrieben, sondern 17 Jahre später den Brief an einen längst verstorbenen Beichtvater als literarische Bereicherung seiner Autobiographie verfasst. Petrarca selbst ordnet diesen Brief ein in eine Reihe von Bekehrungsgeschichten gemeinsam mit ''Antonius'' und ''Augustinus''. Ob er den Berg in der Außenwelt tatsächlich bestiegen hat oder ob er symbolisch in seiner Innenwelt für sein dichterisches Werk steht, sei dahingestellt. Dann stünde am Ende aber wieder der Ruhm als Motiv ((''Ruth Groh'', ''Dieter Groh''\\ //Petrarca und der Mont Ventoux.//\\ Merkur, 46.4 (1992) 290–307 [[https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a151399.pdf|Online]])).\\ Als Protagonist steht Petrarca jedenfalls seit 1860 stellvertretend für eine moderne Weltneugier, für Augenlust, für Naturgenuss und Hinwendung zur Sinnlichkeit - alles, was Augustinus als sündhaft ablehnte ((''Tosco Carlo''\\ //Petrarca: paesaggi, città, architetture.//\\ 132 S. Macerata 2011: Quodlibet. [[http://bvbr.bib-bvb.de:8991/exlibris/aleph/a23_1/apache_media/8DMNT6DM6SL9D9Y76EU4UX44IMT2RL.pdf|Inhalt]] )).+Seit 1860 ''Jacob Burckhardt'' in seiner //Kultur der Renaissance in Italien// pathetisch  über dieses Ereignis  schwelgte, ließ die Begeisterung darüber nicht nach. Petrarca wurde zum »frühesten modernen Menschen« ((Burckhardt: «Vollständig und mit grösster Entschiedenheit bezeugt dann Petrarca, einer der frühesten völlig modernen Menschen, die Bedeutung der [[wiki:landschaft|Landschaft]] für die erregbare Seele» )). Tatsächlich hat Petrarca keinen authentischen Tagesbericht geschrieben, sondern 17 Jahre später den Brief an einen längst verstorbenen Beichtvater als literarische Bereicherung seiner Autobiographie verfasst. Petrarca selbst ordnet diesen Brief ein in eine Reihe von Bekehrungsgeschichten gemeinsam mit ''Antonius'' und ''Augustinus''. Ob er den Berg in der Außenwelt tatsächlich bestiegen hat oder ob er symbolisch in seiner Innenwelt für sein dichterisches Werk steht, sei dahingestellt. Dann stünde am Ende aber wieder der Ruhm als Motiv ((''Ruth Groh'', ''Dieter Groh''\\ //Petrarca und der Mont Ventoux.//\\ Merkur, 46.4 (1992) 290–307 [[https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a151399.pdf|Online]]\\ ''Mertens, Dieter''\\// Mont Ventoux, Mons Alvernae, Kapitol und Parnass.// Zur Interpretation von Petrarcas Brief Fam. IV, 1‚ De curis propriis.\\ S. 714-734 in: Andreas Bihrer (Hg.): Nova de veteribus. Mittel- und neulateinische Studien für Paul Gerhard Schmidt. München [u.a.] 2004: Saur. [[https://d-nb.info/1123415331/34|Online]] 
 +)).\\ Als Protagonist steht Petrarca jedenfalls seit 1860 stellvertretend für eine moderne Weltneugier, für Augenlust, für Naturgenuss und Hinwendung zur Sinnlichkeit - alles, was Augustinus als sündhaft ablehnte ((''Tosco Carlo''\\ //Petrarca: paesaggi, città, architetture.//\\ 132 S. Macerata 2011: Quodlibet. [[http://bvbr.bib-bvb.de:8991/exlibris/aleph/a23_1/apache_media/8DMNT6DM6SL9D9Y76EU4UX44IMT2RL.pdf|Inhalt]] )).
  
 Allerdings war für Petrarca das Reisen ein frei gewähltes Merkmal seiner Persönlichkeit ((»uno dei tratti più significativi della sua personalità ... non per sola necessità ma per scelta« in: Petrarca F. (2018): Guida al viaggio da Genova alla Terra Santa. Itinerarium Syriacum. Ugo Dotti (Hg., Übers.) 105 S. Milano 2018: Feltrinelli. S. 11: Vorwort [Führer für die Reise von Genua ins Heilige Land] )). Im Kern des allegorischen Briefes findet sich jedenfalls Zutreffendes: Petrarca weist auf den sehr starken Wind hin; sieht auf die Wolken hinab; sieht das Rhonetal, die verschneiten Alpen und das Mittelmeer in der Ferne, die Pyrenäen jedoch nicht und wandert im Mondschein zurück, denn am 26. April 1336 war Vollmond ((''Heinz Hofmann ''\\ //War er oben oder nicht?//\\ NZZ 24.12.2011 [[https://www.nzz.ch/war_er_oben_oder_nicht-ld.677949|Online]]\\ ''Christoph Wurm''\\ //Bergtour mit Augustinus. Petrarca auf dem Mont Ventoux.//\\ Forum Classicum 4 (2019) 252–257 [[https://doi.org/10.11588/fc.2019.4.70882|DOI ]] )). Allerdings war für Petrarca das Reisen ein frei gewähltes Merkmal seiner Persönlichkeit ((»uno dei tratti più significativi della sua personalità ... non per sola necessità ma per scelta« in: Petrarca F. (2018): Guida al viaggio da Genova alla Terra Santa. Itinerarium Syriacum. Ugo Dotti (Hg., Übers.) 105 S. Milano 2018: Feltrinelli. S. 11: Vorwort [Führer für die Reise von Genua ins Heilige Land] )). Im Kern des allegorischen Briefes findet sich jedenfalls Zutreffendes: Petrarca weist auf den sehr starken Wind hin; sieht auf die Wolken hinab; sieht das Rhonetal, die verschneiten Alpen und das Mittelmeer in der Ferne, die Pyrenäen jedoch nicht und wandert im Mondschein zurück, denn am 26. April 1336 war Vollmond ((''Heinz Hofmann ''\\ //War er oben oder nicht?//\\ NZZ 24.12.2011 [[https://www.nzz.ch/war_er_oben_oder_nicht-ld.677949|Online]]\\ ''Christoph Wurm''\\ //Bergtour mit Augustinus. Petrarca auf dem Mont Ventoux.//\\ Forum Classicum 4 (2019) 252–257 [[https://doi.org/10.11588/fc.2019.4.70882|DOI ]] )).
wiki/bergwelt.txt · Zuletzt geändert: 2024/03/20 14:42 von norbert

Donate Powered by PHP Valid HTML5 Valid CSS Driven by DokuWiki